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Brugsch, Heinrich
Reise nach der grossen Oase El Khargeh in der libyschen Wüste: Beschreibung ihrer Denkmäler — Leipzig, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.3991#0065
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von Tchonemyris erneuert und ausgebaut worden seien. Die Darstellungen von Nadurah lassen
trotz ihres verwitterten Zustandes so viel erkennen, dass der Caesar den Gottheiten des Ortes
seine Huldigungen durch Opfergaben darbringt. Die Nebeniuschriften bestätigen diese Auf-
fassung vollständig. Die Gottheiten versprechen dagegen die üblichen Gegenleistungen, unter
denen die unterjochten Völker die Hauptrolle spielen. So bezieht sich die Inschrift 7 auf eine
Opfergabe Caesar's an Amon-rü. Der auch sonst wichtige Text lautet: „Die Sonne, der Landes-
„herr Antoninus [....] er führt zu dir das Volk vom Lande Quu sammt seinen Erzeugnissen
„und die Völker der libyschen Erde*) sammt ihrem Wein/' An einer anderen Stelle (s. 6) wird
gleichfalls des „frischen Mostes und süssen Duftes" Erwähnung gethan, ganz im Einklang mit
dem, was uns sonst die Inschriften älterer und jüngerer Tempel Aegyptens von der Güte der
Weine und Aromata der libyschen Oasen melden. In der Inschrift Nr. 2 verspricht der Gott
dagegen dem Könige: „Ich übergebe dir die Länder des Südens mit allen ihren Erzeugnissen
„und die Anti (Bergbewohner ?) des grossen Meeres sammt ihren Producten. Alle Districte

„[der Oase ?) kommen herbei, sie bringen (?) Hölzer vom Sonkeh-Strmch.....Der Schluss

dieser Inschrift, obwohl von der Verwitterung mit eingefressenen Löchern übersäet, ist dennoch
von Wichtigkeit, da er allem Anscheine nach den Namen einer der Pflanzen enthält, welche,
wie ich zuerst nachgewiesen (in der ägypt. Zeitsch. 1865 S. 65 fll.), zu den Ingredienzen bei
der Zubereitung des Kyphi dienten. Alles Nähere darüber und die Schlüsse, welche sich daran
knüpfen, wird der Leser weiter unten Kap. XX in Wünschenswerther Ausführlichkeit ver-
einigt finden.

Die auf Tafel V verzeichnet stehenden Inschriften in griechischen Schriftzügen, welche sich
an den Aussenwäuden des Tempels - Kastell von Nadurah vorfinden, gehören der griechisch-
koptischen Zeit der Oasen-Geschichte an. Sie enthalten, in koptischer Schrift zwei Eigennamen:
Apa Kire und Abisor, die eben nur den Beweis liefern, dass nach oder während der Herrschaft
der heidnischen Körner christliche Kopten diese Gegenden besucht oder bewohnt hatten.

Eine gute Wegstunde von der Stadt Khargeh entfernt erhebt sich nach Norden hin, ihrer
lioheu Lage wegen schon von weitem sichtbar, die sogenannte christliche Nekropolis. Am Fusse
des Gebirges auf einem Kalksteinfelsen von etwa vierzig Fuss Höhe angelegt, dehnt sich vor
unsern Blicken eine ganze Stadt aus, deren Häuser, in regelrecht angelegte Strassen vertheilt,
bald wie Mausoleen, bald wie grosse offene Hallen von Weitem erscheinend, unwillkürlich zu
einem Besuche und zum Eintritt einladen. Der Anblick der ganzen Stadt, man kann es nicht
leugnen, hat etwas ungemein Wohlgefälliges und Einladendes. Kaum hegt man den Gedanken,
bald die Strassen einer stillen, verlassenen, den Todten gewidmeten Nekropolis zu betreten.
Sobald wir den Fuss auf den Boden der Todtenstätte gesetzt haben, ändert sich das Bild wie
mit einem Zauberschlage. Elende, aus dunkelgrauen getrockneten Erdziegeln aufgeführte
Bauten, von innen und aussen mit einer dünnen, gegenwärtig ganz oder theilweise abgeblätterten
Gypsschicht überzogen, bald mit einem flachen Dache versehen, bald mit einer Kuppel dom-
artig gewölbt, die Fayaden mit imitirten an die Wände gesetzten Säulenstreifen aus Lehmwerk
geschmückt, zwischen welchen sich oftmals Bogen aus gleichem Material ausspannen, als weitere
Decoration an den glatten Wandseiten kleine Nischen in Gestalt eines rechtwinkeligen Dreiecks,
alles bis zum Thüreingaug hin zerfallen, verwüstet und zerstört im Laufe der vergangenen
Jahrhunderte: das ist das wenig erquickliche Bild der Oasen-Nekropolis in ihrer nächsten Nähe**).
Die je nach der grösseren oder kleineren Dimension der einzelnen Baulichkeiten im Innern

*) Wörtlich: „des Wostlandes." ,

**) Mau vergleiche die auf Tai. VI gegebene Abbildung, welche einen Theil dieser Nekropolis nach der
Aufnahme unseres Reisegefährten Herrn Dr. Lüttge dem Leser vor das Auge führt.

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