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Brugsch, Heinrich [Oth.]
Thesaurus inscriptionum Aegyptiacarum: altaegyptische Inschriften (Band 4): Mythologische Inschriften altaegyptischer Denkmaeler — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.5491#0005
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EINLEITUNG.

Die nachstehende Sammlung mythologischer Darstellungen, Inschriften und Texte, welche
in dieser vierten Abtheilung des Thesaurus auf einander folgen, sind nach den eigenen
Zeichnungen und Abschriften oder auf Grund mehrfacher Vergleichungen bereits publicirter
Denkmäler mit den Originalen an Ort und Stelle von dem Herausgeber zusammengestellt. Denen,
welche sich mit dem mythologischen Inhalt des altägyptischen Pantheon vertraut gemacht haben,
wird das Prinzip der Anordnung und die Auswahl der Abbildungen und Inschriften ohne besondere
Schwierigkeit sofort in die Augen fallen. Für diejenigen, welche den kaum erst in Angriff
genommenen Studien der ägyptischen Mythologie ferner stehen, jedoch eine nähere Einsicht in
die Vertheilung und Anordnung des umfassenden Stoffes zu nehmen wünschen, sind die folgenden
Bemerkungen bestimmt, die in engster Verbindung mit einem unter der Presse befindlichen
Werke des Verfassers: „Religion und Mythologie der alten Aegypter" (im Verlage der
J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung zu Leipzig) stehen.

Die kosmogonische Grundlage der ägyptischen Mythologie von den ersten Anfangen ihres
Bestehens an bildet die den gesammten Kulturvölkern des Altherthumes eigenthümliche und
gemeinsame Vorstellung von der Entstehung des Lichtes (Tum-Rii) aus dem feuchten Urstoffe
des Chaos (Nun), welcher als die der Materie inne wohnende göttliche Kraft unter local ver-
schiedenen Götternamen, wie Chnum (in Oberägypten) und Ptah (in Unterägypten) und als
empfangende und gebärende Materie unter Gestalt und Namen der uranfänglichen Göttin
Nit seinen mythischen Ausdruck fand.

Der Kosmos, in seiner harmonischen Gestaltung und Zusammen£iigung und in seiner durch
die Naturgesetze in periodischer Wiederkehr seiner Erscheinungen geregelten ewigen Dauer, stellt
nach den altägyptischen Ueberlieferungen den Leib oder das Haus des göttlichen Geistes dar, der
darin wie in seinem Körper oder in seiner Wohnung seine Stätte aufgeschlagen hat und seine
schaffende und erhaltende Kraft in der lebensvollen Bewegung der irdischen Dinge offenbart.

Die Glieder des Leibes und die Theile des kosmischen Hauses wurden, in ihrer getrennten
Sonderung von einander, als die Diener der göttlichen Weltseele aufgefasst, welche ihren Befehlen
gehorchen und ihren Willen ausführen. Es sind die grossen bewegenden Kräfte, welchen der
Kosmos sein ewiges Bestehen verdankt.

Der Zahl nach Neun erscheinen sie als mythische Gestalten, welche die „grosse Neunheit"
(paut at) des göttlichen Leibes umfassen und die eigentliche Grundlage der Mythologie der
alten Aegypter an allen Orten und zu allen Zeiten darstellten. Reihenfolge und Namen derselben,
zugleich mit Angabe der Bezeichnungen entsprechender Gottheiten des griechischen Pantheon,
lehrt die nachstehende Uebersicht.

1. Su (Ares), die Luftregion der Sonnensphäre.

2. Tafnut (Aphrodite), die Luftregion der Moiulsphäre.

3. Qeb (Krouos), der Erdkreis.

4. Nut (Rhea), der Himmelsozean.

5. Osiris (Dionysos), das Wasser als Dervorbringer des Lichtes und allen Saniens.

6. Isis (Demeter), die gebärende Kraft der Natur, die sich am sichtbarsten in der frucht-
tragenden Erde offenbart.

7. Set (Typhon), die Finsterniss.

8. Nephthys (Nike), das Zwielicht.

9. Hörus (Apollon), das Licht.
 
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