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Bruhns, Leo
Deutsche Barockbildhauer — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 85-87: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.61074#0042
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auch ihre glatten Flächen vor allem von warmem, ge-
dämpftem Licht gestreichelt werden und dadurch die
sommerliche Stimmung erhöhen.
Den irdischen Himmel bitten die Gartenskulpturen
um seinen Segen, den Himmel des katholischen Christen-
tums will die Kirchenplastik des Rokoko, die im
wesentlichen von bayrischen Meistern geschaffen ist
und zusammen mit ihrer Architektur die genialste Lei-
stung des bayrischen Stammes darstellt, auf die Erde
herabführen. Denn den Himmel wollen jene Kirchen das
Volk vorahnen und erleben lassen, die von Johann
Michael Fischer, Dominikus Zimmermann, J. Balthasar
Neumann erbaut, in ihren weiten, hell gemalten, hell
durchleuchteten Räumen nur die seligste Bewegung, den
Aufschwung, das Schweben, den Jubel zu Worte kom-
menlassen. Und in diesen schwingenden, in ihren Gren-
zen kaum faßbaren, von ekstatisch züngelnden Orna-
menten erfüllten Gotteshäusern stellen die Skulpturen
die winkende, willkommenheißende Dreieinigkeit, den
jauchzenden Engelchor, die von aller Erdennot erlösten
Heiligen dar. Sehr viele von ihnen sind so sehr nur als
Aufjubeln des Raumes oder Aufleuchten des Lichtes
gedacht, daß sie nur an Ort und Stelle richtig verstan-
den werden können, in Einzelabbildungen aber fast ihren
Sinn verlieren. Das gilt besonders von den Bildwerken
in Zimmermanns Kirchen zu Wies, Günzburg und
Landsberg a. Lech und von den zahllosen Stuckskulp-
turen Johann Michael Feuchtmayers und Joh.
Georg Üblherrs in Wilhering, Amorbach, Zwiefalten,
Ottobeuren, Vierzehnheiligen usw. Doch auch Figuren,
wie die von Ignaz Günther in Rott oder Neustift, offen-
baren nur in ihren Kirchen ihr wahres Wesen, sind nur
dort gegen den Vorwurf der Affektiertheit geschützt. Die
Kaiserin Kunigunde vor dem Rotter Hochaltar
(Abb. 53) mag durch ihre gezierte Pose den zum Wider-
spruch reizen, der sie für sich allein, nur als Märtyrerin,

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