128
Troische Miszellen. Briseis und. Peleus.
einfachen Grundgedanken zerstört, der sich, in seiner weiteren Motivierung,
aber immer ganz kurz so zusammenfassen läßt: drei gewaltige Gegner be-
siegte Achill, obwohl jeder von ihnen sich des besonderen Schutzes einer
Gottheit zu erfreuen hatte. Diesen Grundgedanken entwickelt er gewisser-
maßen in trilogischer Gliederung, oder, wenn wir in Betracht ziehen, daß
nach den räumlichen Bedingungen der Vase nur zwei Bilder sich genau
entsprechen, das Innenbild dagegen anderen Kompositionsgesetzen unter-
worfen war, so dürfen wir wohl sagen, daß er zu den beiden Außenbildern
als Strophe und Antistrophe das Innenbild als Epode hinzufügte.
Wird man mir auch hier wieder mehr als alexandrinische Zuspitzung
vorwerfen? Auf einen vollständigen Chorgesang freilich vermag ich mich
nicht zu berufen. Aber was den Gesamtinhalt anlangt, so kann ich mich
eines Gewährsmannes rühmen, dem niemand den Vorwurf des Alexandrinis-
mus machen darf. Pindar (01. 2, 145) preist 39 den Achill:
ος 'Έκτορ εβφαλε, Τρώας
αμαχον άβτραβη κίονα, Κνκνον τε Β'ανάτω ηόρεν,
Αονς τε παΐ(Υ Αί&ίοπα.
Briseis und Peleus.
Bei der obenerwähnten Besprechung der Iliupersis auf der Trink-
schale des Brygos [Abb. 26] hatte ich das Innenbild unberücksichtigt ge-
lassen. Auf demselben steht, durch Inschrift bezeichnet, Briseis, mit einer
Kanne in der halb gehobenen Rechten, die Linke sinnend oder nachdenkend
dem Gesichte nähernd, vor einem sitzenden greisen Könige, der ihr eine
Schale entgegenstreckt, um sie von ihr gefüllt zu erhalten. Schild und
Schwert als Ausfüllung des Raumes zwischen den Figuren dienen zur An-
deutung eines Innenraumes und weisen auf die kriegerische Tüchtigkeit des
Königs in seinen früheren Jahren hin. Gewiß richtig behauptet der erste
Herausgeber, Heydemann (S. 27), daß hier niemand anders als der greise
Peleus dargestellt sein könne, dem Briseis, bei seinem Anblick vielleicht in
sinnender Erinnerung an den zu früh gestorbenen herrlichen Sohn befangen,
die hingehaltene Schale füllen will. Aber was veranlaßte den Maler, gerade
dieses Bild in das Innere der Schale zu setzen? Heydemann hat gewiß
sorgfältig den Nachrichten der Alten über die späteren Schicksale der
Briseis nachgeforscht; aber auch er vermag nichts weiter beizubringen, als
daß Neoptolemos, der Sohn und Erbe des Achill, sie wie eine Mutter ehrte.
Nicht einmal, daß er sie nach Beendigung des Krieges mit sich in seine
Heimat führte, wird in den uns erhaltenen schriftlichen Quellen ausdrück-
lich berichtet, sondern kann nur als selbstverständlich angenommen werden;
und noch weniger erfahren wir von besonderen Ereignissen, die sich etwa
zwischen ihr und dem alten Peleus zugetragen. Und doch wird niemand
in diesem Zusammensein etwas Auffälliges finden; auch Heydemann erklärt
es für gleichgültig, ob Brygos aus bestimmten, ihm überlieferten Sagen ge-
schöpft habe, da jedenfalls eine innere Berechtigung für die Verbindung dei’
beiden Gestalten in den allgemeinen Zügen der Sage gegeben sei. Je mehr
wir also die Selbständigkeit des Künstlers in der Wahl und Behandlung
seines Bildes anerkennen, um so mehr werden wir erwarten, ja sogar von
Troische Miszellen. Briseis und. Peleus.
einfachen Grundgedanken zerstört, der sich, in seiner weiteren Motivierung,
aber immer ganz kurz so zusammenfassen läßt: drei gewaltige Gegner be-
siegte Achill, obwohl jeder von ihnen sich des besonderen Schutzes einer
Gottheit zu erfreuen hatte. Diesen Grundgedanken entwickelt er gewisser-
maßen in trilogischer Gliederung, oder, wenn wir in Betracht ziehen, daß
nach den räumlichen Bedingungen der Vase nur zwei Bilder sich genau
entsprechen, das Innenbild dagegen anderen Kompositionsgesetzen unter-
worfen war, so dürfen wir wohl sagen, daß er zu den beiden Außenbildern
als Strophe und Antistrophe das Innenbild als Epode hinzufügte.
Wird man mir auch hier wieder mehr als alexandrinische Zuspitzung
vorwerfen? Auf einen vollständigen Chorgesang freilich vermag ich mich
nicht zu berufen. Aber was den Gesamtinhalt anlangt, so kann ich mich
eines Gewährsmannes rühmen, dem niemand den Vorwurf des Alexandrinis-
mus machen darf. Pindar (01. 2, 145) preist 39 den Achill:
ος 'Έκτορ εβφαλε, Τρώας
αμαχον άβτραβη κίονα, Κνκνον τε Β'ανάτω ηόρεν,
Αονς τε παΐ(Υ Αί&ίοπα.
Briseis und Peleus.
Bei der obenerwähnten Besprechung der Iliupersis auf der Trink-
schale des Brygos [Abb. 26] hatte ich das Innenbild unberücksichtigt ge-
lassen. Auf demselben steht, durch Inschrift bezeichnet, Briseis, mit einer
Kanne in der halb gehobenen Rechten, die Linke sinnend oder nachdenkend
dem Gesichte nähernd, vor einem sitzenden greisen Könige, der ihr eine
Schale entgegenstreckt, um sie von ihr gefüllt zu erhalten. Schild und
Schwert als Ausfüllung des Raumes zwischen den Figuren dienen zur An-
deutung eines Innenraumes und weisen auf die kriegerische Tüchtigkeit des
Königs in seinen früheren Jahren hin. Gewiß richtig behauptet der erste
Herausgeber, Heydemann (S. 27), daß hier niemand anders als der greise
Peleus dargestellt sein könne, dem Briseis, bei seinem Anblick vielleicht in
sinnender Erinnerung an den zu früh gestorbenen herrlichen Sohn befangen,
die hingehaltene Schale füllen will. Aber was veranlaßte den Maler, gerade
dieses Bild in das Innere der Schale zu setzen? Heydemann hat gewiß
sorgfältig den Nachrichten der Alten über die späteren Schicksale der
Briseis nachgeforscht; aber auch er vermag nichts weiter beizubringen, als
daß Neoptolemos, der Sohn und Erbe des Achill, sie wie eine Mutter ehrte.
Nicht einmal, daß er sie nach Beendigung des Krieges mit sich in seine
Heimat führte, wird in den uns erhaltenen schriftlichen Quellen ausdrück-
lich berichtet, sondern kann nur als selbstverständlich angenommen werden;
und noch weniger erfahren wir von besonderen Ereignissen, die sich etwa
zwischen ihr und dem alten Peleus zugetragen. Und doch wird niemand
in diesem Zusammensein etwas Auffälliges finden; auch Heydemann erklärt
es für gleichgültig, ob Brygos aus bestimmten, ihm überlieferten Sagen ge-
schöpft habe, da jedenfalls eine innere Berechtigung für die Verbindung dei’
beiden Gestalten in den allgemeinen Zügen der Sage gegeben sei. Je mehr
wir also die Selbständigkeit des Künstlers in der Wahl und Behandlung
seines Bildes anerkennen, um so mehr werden wir erwarten, ja sogar von