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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0050

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die mich als ,,sicher Augsburger Arbeiten" in lie-
benswürdiger Weise Fr. Dörnhöffer aufmerksam
gemacht hat, in vielen Zügen eine so auffallende
Verwandtschaft, daß sie m. E. als spätere, freiere,
von der Kunst des Ulrichsmeisters nicht mehr un-
mittelbar abhängige Arbeiten des gleichen Malers
anzusprechen sind. Das schöne, klare, sonor klin-
gende Kolorit, die ernst und eindringlich empfun-
dene Gruppe der unter den Pfeilen des zürnenden
Gottes dahinsterhenden, schmerzerfüllten Men-
schen, die zügig bewegte, klar sich aufbauende,
düster wirkendeLandschaft, verleihen den schlich-
ten Werken eine eigentümliche Kraft der Stimmung.
Hier spricht eine eigene Individualität, kein
schwächlicher Nachfolger zu uns.
Die Einwirkung des Ulrichsmeisters bekunden
zwei geringere Bildtafeln, deren Entstehung in
Augsburg gesichert erscheint. Bei der einen, einer
Maria auf der Mondsichel, die dem hl. Johannes
Ev. erscheint/) erschwert die weite Strecken um-
greifende Übermalung ein bestimmtes Urteil. So-
viel scheint sicher, daß die Tafel in diesen Zu-
sammenhang gehört. Ich verweise nur auf die
Form der architektonischen Umrahmung, die mit
der Bogenarchitektur der Ulrichsmahlzeit sehr
nahe zusammengeht, auf die Art der flockigen

Haarbehandlung, auf die kurzfingerigen, kindli-
chen Hände. In losererer Verbindung mit der
Kunst des Ulrichsmeisters steht ein Kruzifix mit
Maria, Johannes und zwei kleinen, knienden Non-
nen in Augsburger Privathesitz/) das auch durch
das Wappen (Ilsung) als Augsburger Arbeit wahr-
scheinlich gemacht ist. Die Tafel ist wohl erst
gegen Ende des Jahrhunderts gemalt.
Der Ulrichsmeister ist einer der wichtigsten Ver-
mittler zwischen Flandern und Oberdeutschland.
Herlin wirkt gegen ihn oft kleinbürgerlich und
provinziell. Mit ihm steht eine ausgesprochen ko-
loristische Begabung am Anfang der großen Epoche
Augsburger Malerei. Soweit wir bis jetzt sehen,
darf er als der eigentliche Begründer dieser Schule
betrachtet werden. Vorab Hans Holhein d. Ä.
scheint starke Eindrücke von seinen Tafeln emp-
fangen zu haben. Die erheblichen Wertschwan-
kungen innerhalb seines Werks zeigen, daß er
keiner von den ganz starken, in sich ruhenden,
wahrhaft schöpferischen Naturen war. Aber zu-
weilen gelingen ihm Werke, die zu den wertvoll-
sten und erstaunlichsten Leistungen der gleichzei-
tigen oberdeutschen Kunst gehören, etwa die mo-
numentalen Außenfelder der Brüssler Flügel oder
das machtvolle Bildnis der Basler Sammlung.

Der Meister der Landsberger Geburt Christi.

Neben den Ulrichslegenden sind die beiden mäch-
tigen Flügel im Besitz der Moritzpfarrei zu Augs-
burg (die Geburt Christi [Abb. 24] im Maximilians-
museum ausgestellt, die Anbetung der Könige [Abb.
25] in der Kapelle des Pfarrhauses St. Moritz als
Altartafel verwendet) so ziemlich die einzigen Bei-
spiele, die in den Handbüchern die spätgotische
Malerei Augsburgs vertreten. Dabei ist ihre Ent-
stehung in Augsburg zwar wahrscheinlich, aber
nicht völlig gesichert. Das Stadtbild im Hinter-
grund der Geburt, in dem man mit Recht das
') Versteigerung Heibing (München) 1. Oktober 1919; Kat. Nr. 160
(mit Abb.). Fichtenholz 92,5X58 cm.

Lechstädtchen Landsherg sieht, könnte auf die
Vermutung bringen, daß der Meister in Landsberg
saß. Doch liegt es näher, an das benachbarte,
mächtig aufstrebende Augsburg zu denken, zumal
der Meister als Kolorist mit dem Maler der Ulrichs-
legenden manche Züge gemein hat — und ferner
hin mit dem führenden Vertreter der nächsten
Maler-Generation in Augsburg, mit dem sog. Mei-
ster von 1477 in künstlerischer Beziehung steht.
Der kernige und kraftvolle Lechschwabe hat jeden-
falls auf die Augsburger Malerei starken Einfluß
2) Photographie Höüe; Kat. Nr. 220.

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