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Büttner, Nils
Die Erfindung der Landschaft — Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.4574#0088
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______________Niederländische Künstler in spanischen Diensten 87

ten Maßstab von 1 : 8500 kartierte er insgesamt 230 Orte. Der einheitliche Maß-
stab war dabei den Erfordernissen einer - im Sinne der Zeit - modernen Krieg-
führung angepaßt, der artilleristisch unterstützten Belagerung einer befestigten
Stadt. Diesen speziellen Anforderungen entsprachen auch die von Jacob van De-
venter eigens entwickelten Kartenzeichen (Abb. 24) :69 Bei der Wiedergabe einer
otadt ist auf deren von Bürgerhäusern bestandenes Inneres kein Wert gelegt.
Wohnhäuser sind - wenn überhaupt - schematisch als Vierecke angegeben. Die
strategisch bedeutsamen Bauten wie Wälle, Mauern, Wehrtürme, Tore, Kirch-
und Pulvertürme, aber auch die öffentlichen Gebäude sind im Aufriß wieder-
gegeben. Die Straßen der Stadt wie die Fernstraßen und Postwege sind nicht
nur vollständig angegeben, sondern zur geographischen Orientierung noch mit
den Flucht- und Vermessungslinien versehen.70 Wie schon angedeutet, ist auch
die Darstellung des Umlandes an taktischen Überlegungen orientiert: Während
ein trockenes Terrain, auf dem sich eine Armee mit ihrem Troß bewegen könn-
te, Gelb dargestellt ist, bedeutet die grüne Farbe ein für den Aufmarsch unge-
eignetes feuchtes Gelände.71

Jacob van Deventer arbeitete sorgfältig, dafür aber recht langsam. Anders der
königliche Kartograph und Landmesser Christiaan Sgrooten (um 1530-
1603/04), der, obwohl eine Generation jünger als van Deventer, zu gleicher Zeit
mit der Anfertigung militärischer Karten betraut wurde.72 Diese Karten, die
schon wegen ihrer Dekoration angesprochen wurden (Abb. 21), sind heute in
zwei großen Atlanten zusammengefaßt.73 Im Jahre 1568 erhielt Sgrooten von
Herzog Alba den Auftrag, eine »Beschreibung von etlichen Landen, Strömen
und Gewässern anzufertigen«.74 Im Gegensatz zu den recht gut dokumentier-
ten Werken Jacob van Deventers sind die Arbeiten Sgrootens nur recht spärlich
dokumentiert.75 Alle erhaltenen Dokumente weisen jedoch daraufhin, daß die
spanische Führung ihn drängte, möglichst schnell mit brauchbaren Ergebnis-
sen aufzuwarten, derer man für die Planung der Feldzüge dringend bedurfte. In
Ansehung der zu leistenden Arbeit wurden ihm am 14. September 100 Gulden
ausbezahlt: »für die Ausführung einer gewissen Karte, die ihm von unserer Sei-
te anzufertigen aufgetragen ward, um in unserem Dienst gebraucht zu werden
und die deshalb notwendig sein soll.«76

Ihren militärischen Zweck haben vermutlich auch diese Karten nicht mehr
erfüllen können, da sie zu spät in die Hände Philipps IL und seiner Generäle
gelangten: Nach einem Jahr Kartierungsarbeit wurde das vorläufige Ergebnis
von Sgrootens Bemühungen in Brüssel einer Expertenkommision zur Beurtei-
lung vorgelegt. Man zeigte sich höchst unzufrieden, und Sgrooten erhielt die
Auflage, seine Karten zu verbessern. Noch 1571 erreichten ihn aus Brüssel wei-
tere Aufforderungen. Was nach dieser Zeit geschah, läßt sich in groben Zügen
aus dem Vorwort des in Madrid bewahrten Atlasses ablesen:77 Der Autor gibt
darin zu verstehen, daß er die Karten mit »schneller Feder« - »met haastige pen«
 
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