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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 6
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Haupt, Richard: Burgen im Herzogtum Schleswig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0130
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Wir müssen also Cohausens
Andeutungen und Schlüsse
sür erledigt erklären; dieFra-
ge nach Wesen und Art un-
serer Burgen und Befesti-
gungsanlagen ist noch ganz
offen, und so mag in die Er-
örterung neu eingetreten
werden.

Vorweg sei bemerkt, daß
Schleswig und Holstein, und
gar das erst jetzt dazu geschla-
gene Lauenburg, sich nicht
als Einheit behandeln lassen,
wenn man geschichtlich ver-
fahren will. Burgen sind
Ergebnisse und Teile ge-
schichtlicher Entwicklung. Da haben wir selbst in dem kleinen Herzogtum Lauenburg, dem armen Reste
des grotzen Herzogtums Niedersachsen, zwei Teile zu erkennen; Holstein umfatzt die Grafschaften Hol-
stein und Stormarn, und daneben liegt östlich das im 12. Iahrhundert eroberte Wagrien, westlich aber das
Gebiet der Ditmarsen, die sich bis 1559 als freies Bauernvolk gehalten haben. Von Schleswig endlich,
womit allein wir uns hier eingehend beschäftigen wollen, ist zunächst zu sagen, datz es kein deutsches, sondern
ein dänisches Land gewesen ist; aber es haben sich in den späteren Zeiten des Mittelalters deutscher Einflutz
und deutsches Wesen hier, wie überhaupt in der dänischen Mark, emgebürgert. Was dazu führte, datz das
Herzogtum schließlich von Dänemark ganz getrennt worden ist, ist der Ilmstand, daß mit der Herrschaft
über das schon von früher Zeit her gegen die anderen dänischen Lande eine gewisse Selbständigkeit be-
hauptende Gebiet das holsteinische Grafenhaus belehnt ward, daß der nordelbische Adel überhaupt die Ge-
legenheit in besonderem Maße erhielt, sich in Besitz erheblicher Landstriche zu setzen, namentlich der süd-
östlichen Landschaften, des dänischen Wohldes, Schwantzens, Angelns, und daß, bei der Nachbarschaft des
volkreichen Deutschlands und dessen überwiegender Kraft, deutsche Art und auch deutsche Bevölkerung sich
dem Lande von Süden her mitteilten. Dieser Einfluß ließ namentlich eine Anzahl Städte entstehen, in
denen er Stützpunkte gewann. Immerhin war vor hundert Iahren die deutsche Volkssprache nicht über
die Stadt Schleswig vorgedrungen, bei welcher, von Osten nach Westen durchziehend, die uralte Landwehr,
das Danewerk, von jeher die Grenze der völkischen Verbreitung des Dänentums bezeichnet hat. Was
südlicher liegt, bis hin zur Eider, ist ein mehrfach umstrittenes Grenzland gewesen, staatlich und kirchlich
seit Kaiser Konrad II. sest zu Dänemark gehörig, aber in seiner Eigenschaft als Grenzmark zunächst wüste
und volklos. So war es der ganz allmählichen Besiedelung hingegeben, die natürlich wesentlich von Süden
kam.

Der westliche Teil dieses Gebietes, des Landes zwischen Eider und Schlei, wie es hieß, war im ganzen
sumpfig und wenig begehrenswert. Der östliche dagegen umfaßte namentlich die fruchtbare Halbinsel,
der dänische Wohld (Wald) genannt, in der sich der Adel festsetzte. Hier sind eine Menge Güter entstanden,
unter allmählicher Vernichtung der Dörfer und anderen bäuerlichen Niederlassungen. Aestgestellt und
abgerundet haben sich diese Besitzungen aber erst seit dem 16. Fahrhundert. Erst nach der Neformation,
und mit Hilfe des römischen Rechtes, das die Bauern rechtlos machte, sind die allermeisten Herrensitze
teils entstanden, teils zu genügender Wohnlichkeit und Größe ausgebaut oder neu angelegt worden.

Die typische Grundsorm solcher Herrensitze war im ganzen Lande, in Holstein wie in Schleswig,
die gleiche; sie ergab sich aus den Verhältnissen als naturgemäß. Iwar gab es, wie Bilder und Grabplatten
zeigen, auch hier die lebendige Vorstellung von der wohlbewehrten, betürmten, von der Berges- und Felsen-
höhe herabdrohenden Nitterburg; aber in der Natur war nirgends Berges- oder Felsenhöhe zu finden.
 
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