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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 6
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Haupt, Richard: Burgen im Herzogtum Schleswig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0131
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113

Es ist ein Land der Wasserburgen; Wasserburgen aber sind nur in seltenen Fällen von der Natur vor-
gebildet; Form und Anlage sind vielmehr Ergebnis des menschlichen Willens.

Der Burgplatz ist gemeiniglich in einem Teich oder See angelegt, oder er ist imViereck umschlossen von
einem nassen Graben. Nicht selten steigt der Bau unmittelbar aus demWasser aus; gewöhnlich aber bietet
sich mehr Raum; hier steht das Herrenhaus, von quadratischem Grundriß, mit Paralleldächern gedeckt, oder
von rechteckigem, wobei ein Flügel, oder auch zwei, und andere Erweiterungen, nebst einem Hosraum,
Platz erhalten können. Der Wirtschastshos aber, der unentbehrlich ist, weil das Ganze eben der Wohnsitz
eines Gutsbesitzers ist, und der bedeutend geräumiger sein muß als der für das Wohnhaus bestimmteTeil, ist
von diesem geschieden; der Negel nach liegt er davor, man muß ihn durchschreiten, um zu jenem zu kommen.
So bedarf er besonderer Amwehrung nur aus drei Seiten. Auch diese besteht am häusigsten aus wasser-
sührenden Gräben; es können auch, wie beim Wohnhause, Wälle und Verhaue dazu kommen.

Will man eine solche Anlage eine Burg nennen, so steht das srei. Sie bietet ja zeitgemäßen Schutz,
und die Grundzüge sind unzweiselhast dieselben, welche schon von jeher, also auch für die Gestaltung ritter-
licher mittelalterlicher Burgen, bestimmend waren. Nur waren diese um so bescheidener, je kleiner der zu-
gehörige und von hier bewirtschastete Landbesitz war. Aber wenn wesentliches Kennzeichen der Burg die
Wehrhaftigkeit und die aus diese in allen Stücken genommene Nücksicht ist, und zu der Sicherheit gegen
Angrisse auch allemal die Anstalten tätiger Abwehr hinzukommen muhten, so sehlt diesen Burgen dieses
Wesentliche. Der Eindruck der Wehrhaftigkeit beruht fast nur auf den Wassergräben, deren Anlegung meist
schon der Entwässerung wegen sich ergeben hätte und so auch noch heute ost genug ergibt, sowie aus anderen
zur Amschließung gehörenden Einrichtungen, Hecken und Zäunen. Erhöht kann, wie angedeutet, der Ein-
druck der Wehrhaftigkeit sein, indem die aus dem Graben gewonnene Erde als Wall geschichtet wird. In
manchen Fällen liegt bei großen Anlagen eine festungsmäßige Ausbildung mit Basteien und Geschütz-
ständen vor. Aber durch solche. Ausnahmen wird das Bild nicht verschoben: diese Herrenhäuser des 16.
und 17. Fahrhunderts sind keine Burgen im Sinne des Sprachgebrauches. Die überall vorhanden ge-
wesenen Zugbrücken —> heute gibt es noch ganz wenige — hatten wesentlich symbolische Bedeutung, die
Torhäuser, an denen aus Verteidigung nichts zu deuten pslegt, waren notwendig, um die Abschließung zu
vollenden; auch mochten sie für gewisse Beschäftigungen Räume bieten. So konnte es nicht wohl an einem
Gelasse für die Opser der patriarchalischen Gerechtigkeitspslege mangeln, und da es dem freien Manne nie
ganz an Wasfen sür sich und seine Leute fehlen durfte, waren auch solche aufzubewahren. Namentlich scheint,
neben den Spießen, bis in neue Zeit herein die Armbrust unentbehrlich gewesen zu sein. Man schoß mit
ihr so weit und sicher als mit dem rostigen Gewehr und dem meist schwachen Pulver; und wenn das Lot nicht
zur Hand, das Kraut feucht war, aus die Armbrust war stets Verlaß.

Die ansehnlicheren der Herrenhäuser sind, mit manchen Ausnahmen, soweit sie seit dem 16. Iahr-
hundert erbaut gewesen sind, aus Backsteinen errichtet worden. In srüheren Zeiten, aber ost auch noch
später, war ohne Zweifel für diese Landsitze Holzbau das Regelmäßige, weshalb, wenn die Baulichkeiten
selbst verschwunden sind, nur die Anlage sichtbar bleibt; wenn nicht Funde Auskunst geben, kann man einem
solchen Burgplatze nicht nachsagen, ob er alter oder neuerer Zeit angehöre. Daß die Burgen in Angeln
im Mittelalter aus Holz gebaut gewesen sind und auch hölzerne Burgtürme
gehabt haben, wird ausdrücklich versichert) es ist für uns nicht nachzuprüsen,
aber glaubhaft.

Wem die schwere Zugänglichkeit eines genügend großen Wohnplatzes,
bewirlt durch tiese Gräben und starke Baumpflanzungen, als Kennzeichen
der Burg genügt, der möchte sinden, daß es in dem zweiten Landesteile
des Herzogtums Schleswig, in Friesland, an Burgen geradezu wimmele.

Manche Bauernhöse, Psarrhäuser, Kirchen liegen wie kleine Festungen nicht
bloß in umschließenden tiefen Gräben, sondern ihr Platz überhöht, als sorg-
sam und reichlich geschütteter Hügel, die ganze Amgebung. Auch können

die Gebäude lelbst zu gewaltiger Größe ausgebildet sein, sei es, daß sie sich Zwb. 84. Spötterup.

vielslügelig um einen Hof gliedern, sei es, daß sie alles in Einem umfassen, Grundriß der Burg.
 
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