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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 8
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Ebhardt, Bodo: Couch
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0163
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Abb. 115. Coucy. Die Burg vou Süden.

eisernen Faust zur Auftürmung dieser Steinmassen (Steine bis zu 5— 6 Meter Länge!) preßte. Wie
anders in Deutschland! Die Bevölkerung ließ sich nirgends in so großer Zahl unter ein Ioch beugen, daß
die Herrengeschlechter eine Macht vereinigen konnten wie in Frankreich (und England), wo nur eine dünne,
jeht verzehrte germanische Oberschicht ein zahlreiches minderes Volk beherrschte.

Des zum Beweise haben wir in Deutschland (Sprachgebiet) eine Zahl von vielen Tausenden von
Burgen gegen Hunderte in England und Frankreich. — Durch den Bering der Stadtmauer sühren drei
Tore und drei große Straßen. Den inneren Halsgraben, der Stadt und Burg trennt, überbrückte ehemals
eine Zugbrückenanlage, jetzt liegt ein Damm vor dem völlig zerstörten Haupttor der Vorburg.

Sind die beiden mächtigen Rundtürme, als deren letzte Spuren wir an der Vorburgmauer die Ansätze
der inneren Gewölbekuppeln und ihre zerstörten Rippen sehen, durch Feindeshand bei der Vergewaltigung
der Burg 1652 unter Ludwig XIII. zertrümmert, oder hat die Habsucht ehrsurchtsloser Nachbesitzer oder
der stille Diebstahl der Kleinbürger der Stadt Coucy Stein um Stein ausgebeutet, als der stolze Herrensitz
herrenlos geworden? —

Genug, der erste Eindruck heute ist traurig. Wüst ist auch der Einblick in das feste, schön und hoch-
gewölbte Torhaus rechts hinter dem Eingang. Nur noch zwei markige gotische Spitzbogen sind von dem
alten, einst so ost von Rosseshuf und Wassenklirren widerhallenden Torgewölbe geblieben.

Eine weite grüne Fläche empfängt den Weiterschreitenden, durch die ein von alten rauschenden
Bäumen beschatteter Weg zur Kernburg sührt. — Im April war noch kein Laub daran zu sehen, in der
Vorburgwiese aber blühten Mengen von Veilchen, obgleich manche Herbstnacht hier englische Truppen
ihr Feldlager aufgeschlagen hatten und kriegerischer Lärm die alten verträumten Mauern nach langer
Zeit wieder einmal erfüllt hatte.

Das von den Franzosen in mißverstandenen mittelalterlichcn Formen etwa in der Mitte der Vor-
burg errichtete Wächterhaus zeigte noch die Spuren der Engländer, es war ebenso von ihnen verwüstet
und ausgeraubt wie die Künstlervilla außen am Burgberge.
 
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