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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 21.1920

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Nr. 3-6
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Giesecke, Albert: Albrecht Dürer und die Befestigungen von Verona
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https://doi.org/10.11588/diglit.34330#0032
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Es ist nicht unmöglich, daß auch Maximilian eine treibende Rolle in dieser Befestigung der Stadt
gespielt hat (er war 1515 in Oberitalien). Im „WeißkuM" (Wien 1775, S. 76) erzählt er von sich selbst,
daß er Unterricht im Festungsbau genommen habe.
Daß diese Auffassung zutreffend sein muß, daß nämlich die Rondelle nicht von den Nenezianern.
sondern eben in den Jahren des Regiments Kaiser Maximilians gebaut wurden, das scheint auch die
Chronik Zagatas-Rizzonis, die seit 1522 Giamb. Biancolini fortsetzte, zu bestätigen. Denn bis zum Jahre
1524, in welchem die Uorta bluova und bald darauf die ?orta 8. 6ior§io begonnen wurden, ist nur
wenig in Angriff genommen worden, und zwar wurde am 22. Okt. 1517 begonnen „a 8larZar la ko886
6 prokonäerw, 6 t'ar nltri ripari 6 kortikicmr ln larrn, 6 knr un bn8tion Arnnllwmmo körn llslln ?orts
de! Vsneovo" (I. 2. 196). Es ist also hier die Rede von Verbreiterung und Vertiefung des Grabens,
von Ausbesserungen, und von einer großen Bastion außerhalb, d. h. offenbar vor dem Bischofstore, nicht
aber von steinernen Bastionen oder Rondellen an der Stadtmauer; es wird sich in erster Linie darum ge-
handelt haben, das was 1516 zerschossen worden war, wieder notdürftig Herstellen zu lassen. Sehr viel
Mittel scheint man nicht dafür gehabt zu haben. Die „große Bastion" wurde damals noch nicht fertig.
Denn noch im September 1520 ließ die 8iZnorie 500 Schanzarbeiter aus Vicenza kommen, „psr kur I»
t'c>88n ul bu8tion 6s iu portu dal V6800V0, parclle guelli del Verons86 non potovuno 8upplir ul tutto".
Im November 1520 wurde dann die neue, am 5. Dezember 1519 begonnene Pforte beendet. (I. 2. 200).
Was haben nun diese Wehrbauten mit Albrecht Dürer zu tun? Dürer hat bekanntlich 1527 eine
Schrift des Titels: „Etliche Eindrücke zur Befestigung der Städte, Schlösser und Flecken", worin er ver-
schiedene Arten von Bastionen entworfen hat. In seiner Schrift „Dürer und die Befestigungslehre" sucht
Wätzoldt die Vermutung, die bereits Jähns in seinem Handbuch einer Geschichte des Kriegswesen, S. 1152
ausgesprochen hatte, zu bestätigen (S. 41): von solchen Batterietürmen, wie sie die alte Befestigung
Veronas kennzeichneten, habe sich Dürer vermutlich für seine Basteipläne anregsn lassen. Daß er sie selbst
gesehen Hütte, und wenn auch, dann kaum mit Bewußtsein und Sachverständnis gesehen hätte, ist, da
Dürer Verona um das Jahr 1505/6 vielleicht einmal, vielleicht auch zweimal passiert hatte und diese
Rondelle erst ein Jahrzehnt später entstanden, unmöglich. Unmöglich ist es aber nicht, daß er irgendwelche
Aufzeichnungen davon kennen gelernt hat.*) Dürer schrieb seinen Aufsatz im Jahre 1527, als man in
Nürnberg selbst über Plänen zur Befestigung der Stadt saß. Der Rat sandte im gleichen Jahre zwei
ihm dienstbare angesehene Kriegsbaumeister, die Nürnberger Hanns Beheim den Jüngeren (auch der Land-
baumeister genannt) und seinen Vetter Paul Beheim nach Italien, daß sie insbesondere die Befestigungen
im Gebiet der Venezianer besichtigten. Die beiden hatten Empfehlungen an den Dogen Andreas Gritti,
denselben, der die Angriffe auf die Stadt Verona 1509 und 1510 geleitet und als General das Befesti-
gungswesen kannte. Sie sind von ihm auch freundlich ausgenommen worden, (s. Baader in v. Zahns Jahr-
büchern für Kunstwissensch. I. 8. 260k.) Durch diese Beheim könnte Dürer Pläne auch der Veroneser
Festungsbauten kennen gelernt haben. Die von ihm entworfenen Basteien stehen jenen in vielen Punkten
nahe. Das Gemeinsame besteht hauptsächlich darin, daß auch Dürer in seine Basteien große geräumige
Kasematten einbaut, die fest eingewölbt sind und ebenfalls durch Rauchabzüge gelüftet werden. Diese sind
von ihm genau so eingerichtet wie in dem Rondell 8. ?roeo!o, wo sie aus der Mauer ausgespart sind.
In seinem zweiten Vorschlag hat er sie aber auch mitten durch das Gewölbe hindurch geführt und macht
auch gelegentlich den Vorschlag, die die Plattform durchbrechenden Schlotöffnungeu mit Gittern zu ver-
sehen (eine solche Einrichtung müssen wir Wohl auch für Verona annehmen). Und ähnlich wie Dürer es
für wünschenswert und tapferen Kriegern geziemend erachtet, sind auch an der Brustwehr der Bastion
dollo Loccmiw keine Zinnen angebracht, sondern Musketiere wie Artillerie feuerten hier über Bank. Frei-
lich gibt es auch genug Trennendes: Dürer hat seine Kasematten nur für leichteres Geschütz gedacht, das
schwerere stellt er auf die Plattform, während bei den Veroneser Rondellen beides oben und unten auf-
gestellt worden ist. Auch trennt Dürer die Fa-en- nicht von der Flanken-Verteidigung, für den Fall, daß
der Feind in den Graben kommt, wie es bei dem Rondell von 8. 8pirito eingerichtet ist. Hierin stehen
Z Von denjenigen Offizieren der habsburgischen Armee, die an der Verteidigung von Verona teilgenoimnen, kannte Dürer
u. a. Wilhelm von Roggendorf gut, der 1516 Munition, Proviant und eine starke Hilfsarmee nach Verona geführt hat: er be-
sucht ihn 1520 in Antwerpen und seine Tageb ich lufzeichnuiig darüber deutet darauf hin, das; er ihn schon früher kennen gelernt
hatte. Ihm konnte er also eine Beschreibung der Befestigungen von Verona verdanken. Es scheint, als ob Dürer in die Krwgs-
nnternehmungen des Kaisers besser eingemeiP war, als man anzunehmen bisher Grund hatte. Als Beweis dafür möchte ich
auf den Umstand Hinweisen, das; jene Zeichnung von Dürer mit einer Klause in der Ambrosiana in Mailand das Datum 1516
zeigt: es ist das also das Jahr, i» das die Entscheidungskämpfe um Maximilians Eroberungen in Oberitalien fallen. Und
nur mit den Kampfhandlungen und Verhältnissen in Oberitatien lägt sich der Entwurf zur Anlage eines Sperrforts zwischen
Meer (See) und Stedgebirge — und darum handelt es sich bei Dürers Zeichnung - in Verbindung bringen Vermutlich hat
Dürer die Zeichnung nach einem Gespräche mit einem der Räte des Kaisers, in dem die Sicherung der Alpenpässe oder der
Pässe am Garda- und Jerosee erörtert wurden, aufzegriffen. Er muhte von seinen Wanderungen her, Von denen er manche
noch erhaltene Zeichnung mitgebracht, gerade jene Gegend besonders gut im Gedächtnis haben.
 
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