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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 34.1933

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Ebhardt, Bodo: Denkschrift über eine Reichshilfe zur Erhaltung deutscher Burgen und Burgruinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35023#0040
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Gelegenheit zu nutzbringender Arbeit bieten.—Arbeit, die verhältnismäßig geringe Aufwendung für Baustoffbeschaf-
fung und Nebenleistungen erfordert, vielmehr zum größten Teil in Handarbeit, Erdbewegung, Beseitigung verwilder-
ten Pflanzenwuchses und Ausgraben und Wiederverwenden von zusammengestürztem Gestein besteht.
Seit Jahr und Tag bin ich, auf Grund meines bald fünfzigjährigen leidenschaftlichen Bemühens für die Erhaltung
und Pflege, ja für die Rettung deutscher Burgen und Burgruinen vor dem Untergang, für eine vom ganzen Volke
ausgehende Hilfe für diese vaterländischen Baudenkmale eingetreten.
Mehr als je befinden sich heute die Burgruinen und viele bewohnte Burgen und Schlösser in allen
Teilen Deutschlands in einem bedrohlichen Verfall. Sie, die bedeutungsvollsten Zierden der Berge und Höhen,
und der Ufer der deutschen Ströme, die als Zeugen deutscher Geschichte in allen deutschen Landen vernehmlich zu
uns reden.
Die Jahre des Krieges und der folgenden Schmach und Not haben den Besitzern, sowohl dem Staat wie ein-
zelnen Volksgenossen, kaum Zeit und Mittel gelassen, sich um die Erhaltung dieser stolzen Bauten zu kümmern, am
wenigsten waren die ländlichen Eigentümer in der Lage, durchgreifende Maßnahmen zum Schutze der, durch Witte-
rungseinflüsse und Brandzerstörungen und durch Pflanzenwuchs, Menschenhand usw. bedrohten, ehrwürdigen
Mauern zu unternehmen, die dem Besitzer nur dauernde Lasten auferlegten.
Fast täglich kann man in den Zeitungen von Versteigerungen von Burgen und Schlössern lesen, deren Ergeb-
nisse vernichtend sind.
Es mehren sich daher die Gesuche um Rat und Hilfe, die an die Behörden, an die Öffentlichkeit und an die
Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen gerichtet werden, und die auf die Notstände Hinweisen, die an den ver-
schiedensten Stellen herrschen.
Leider haben die Bemühungen unserer Vereinigung um Bewilligung von Mitteln für diese Zwecke beim Reichs-
arbeitsminister und anderen Behörden keinen Erfolg erzielt. Die heutigen Bestimmungen über die Bewilligung stehen
dem entgegen.
Denn hier kann nicht geholfen werden durch Darlehen, deren Rückzahlung den Besitzern unmöglich ist, da keine
Einnahmen den Lasten gegenüberstehen — auch ein 50 prozentiger Zuschuß kann aus demselben Grunde keine Hilfe
bringen, da die Besitzer die fehlenden Prozente nicht aufbringen können.
Zahllose notleidende Burgen, Ruinen und Schlösser sind leicht anzuführen, die aus künstlerischen, geschicht-
lichen und landschaftlich wichtigen Gründen nicht zugrunde gehen dürfen.
Es liegt nahe, diesem allgemeinen Notstand auch nach einem einheitlichen Plane entgegenzutreten. Die
Aufwendung staatlicher Mittel von großem Umfange würde in ideeller und materieller Beziehung sich vielfältig
lohnen, kostbares Volksgut, ehrwürdige Baureste der deutschen Vergangenheit würden auf unabsehbare Zeit gesichert
werden.
Das ist auch wünschenswert aus wirtschaftlichen Gründen, da durch die Burgen dem Fremdenverkehr Ziele
gegeben und würdige Ausflugsorte geboten würden, die alljährlich Hunderttausende von Reisenden, In- und Aus-
ländern, in Bewegung setzen, ohne daß freilich die Besitzer selbst, von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen, davon
einen nennenswerten Vorteil haben.
Holländische, englische, amerikanische, italienische und andere Besucher legen die größte Anteilnahme gerade
an solch alten Bauten an den Tag, wie unsere Vereinigung u. a. alljährlich an den Besuchern der Marksburg beob-
achten kann.
Die Kosten für einzelne Hilfsmaßnahmen lassen sich auf Grund der 35jährigen Erfahrung unserer Vereinigung
und der 50 jährigen Tätigkeit des Unterzeichneten im voraus ziemlich genau bestimmen.
Mit der Rettung der Burgen, der bedeutendsten Zeugen deutschen heldischen Geistes ferner Jahrhunderte,
erfüllt der Staat eine ideale Pflicht, jede Bemühung in dieser Richtung wird den Beifall aller Volksgenossen, aller
Vaterlandsfreunde finden, dem Alter eine Genugtuung, der Jugend ein weites Feld geistiger Anregung bieten.
Nicht umsonst spielen die Jugendburgen heute eine so bedeutende Rolle in der Jugendbewegung.
Wir beantragen eine planmäßige Durchführung der Burgenpflege nach einheitlichen Grundsätzen für das ganze
Reich in die Wege leiten zu wollen und betonen zusammenfassend:
1. Es besteht über ganz Deutschland ein Notstand auf dem Gebiete der Burgenpflege.
2. Die Besitzer können in weit überwiegender Zahl der Fälle seit Jahren keine durchgreifenden Erhaltungs-
arbeiten leisten.
3. Die Erhaltung der Burgruinen als Denkmäler deutschem Volkstums, als Zierden der Landschaft und Werke
hoher Kunst und kühner Technik ist Ehrensache des Volkes.
4. Wirtschaftlich ist die Erhaltung von höchster Wichtigkeit für den Fremdenverkehr die Burgen, Ruinen und
wiederhergestellte Bauten wie die Marksburg, Marienburg, Veste Koburg und Hohkönigsburg ziehen Hundert-
tausende von Besuchern an.
5. Wissenschaftlicher Gewinn für deutsche Volks- und Rassenkunde ist bei Gelegenheit der Ausgrabungen durch
Funde und durch Ausnutzung von Vermessungs- und Vergleichsmöglichkeiten in großem Maße zu erwarten.
6. Arbeitslose können in allen Teilen Deutschlands durch die Burgenpflege anregende Arbeit finden, durch
die sie auf eine Beschäftigung mit deutscher Volksvergaugenheit hingewiesen werden.
 
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