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Buschbeck, Ernst H.
Frühmittelalterliche Kunst in Spanien — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 59: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61073#0008
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Elemente in dem Augenblick um so stärker wirksam
werden mußten, da der beherrschende und ausgleichende
Einfluß der großen Kulturzentren und der Zugehörigkeit
zu einem allumfassenden Weltreich zu wirken auf hörte.
Nirgends läßt sich die eben geschilderte Entwicklung
besser verfolgen als in Spanien, dem auf drei Seiten vom
Meere umspülten Westzipfel der europäisch-asiatischen
Landmasse; nirgends ist sie sozusagen gradliniger vor
sich gegangen; nirgends hat sich die Amalgamierung der
germanischen Eroberer und der romanisierten Provin-
zialen zu einer sprachlich und religiös einheitlichen Na-
tion rascher vollzogen als im Westgotenreiche. Und die-
ses Reich war seinem wesentlichen Charakter nach spät-
römisch, ein „Römisches Reich hispano-gotischer Na-
tion“, wie denn auch die bedeutendste geistige Persön-
lichkeit dieser Zeit, Isidor von Sevilla, durchaus als ein
Erbe und Bewahrer antiker Geisteskultur in ihrer letz-
ten, christlichen Phase erscheint.
Spätrömisch ist auch die Kunst dieser Epoche; von
den kostbaren Säulen, marmorinkrustierten Wänden
und Mosaikfußböden, die — wie heute noch in Parenzo
und Ravenna — die Kirchen der westgotischen Könige
schmückten, wissen wir nur durch die geistlichen Schrift-
steller jener Zeit. Aber es haben sich dreischiffige Basi-
liken erhalten von jenem T-förmigen Grundriß, der das
besondere Kennzeichen der stadtrömischen Anlagen ist
und den man mit Recht auf die alae, die Flügel des
altrömischen Atriums, zurückgeführt hat (Abb. 1 u. 2).
Die besterhaltene dieser Kirchen ist S. Juan de Banos.
Betreten wir das Innere, so fesselt uns sogleich eine be-
fremdliche Linienführung: sowohl die Arkadenbögen als
der große Bogen über dem Altarraum sind hufeisen-
förmig. Dieser Hufeisenbogen hat in Spanien schon eine
lange Vergangenheit; er erscheint im zweiten Jahr-
hundert auf asturischen Grabstelen und auf Aschen-
urnen und ist später offenbar das Charakteristikum der

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