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Panofka, Theodor
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 5): Antikenkranz zum fünften Berliner Winckelmannsfest — Berlin, 1845

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https://doi.org/10.11588/diglit.688#0007
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Bei der Auswahl der einzelnen Denkmäler entschied die Merkwürdigkeit
der Darstellung zu Gunsten ihrer Veröffentlichung, so dafs von den zwölf auf der
beifolgenden Tafel gravirten Antiken eine jede der strengsten Kritik unverzagt
unter die Augen treten kann, auch wenn die beigefügte Deutung nicht über jeden
Zweifel sich zu erheben vermöchte und erst von künftigen Entdeckungen ihre Be-
stätigung erwarten dürfte, oder, was gleich wünschenswerth erscheint, glücklichere
Erklärungen von Seiten der Leser hervorzurufen im Stande wäre.

Um den edelsten Stoffen den gebührenden Vorrang nicht zu versagen, tre-
ten Gold und Gemme an die Spitze unsrer Denkmälerprüfung, indem wir mit der
Betrachtung einer etwa zu einem Knopf ursprünglich bestimmten Goldscheibe be-
ginnen, die in einem volcenter Grabe entdeckt, gegenwärtig unter dem Goldschmuck
des Gregorianischen Museums im Vatikan eine nicht hinlänglich gewürdigte Stelle(4)
einnimmt.

1. Des Orpheus Leier. Goldknopf.

Einen besondern Werth nämlich verleiht diesem feinen Goldblatt das zier-
liche Bild einer im heftigen Lauf begriffenen Frau, die ein Ampechonion über dem
langen Aermelchiton trägt, in der erhobenen Linken die Lyra, in der gesenkten
Rechten eine Schlange hält. Wenn einerseits die Art und Weise des Halten der
Lyra und die Abwesenheit des Schlägels (7iXy)ciQ0J>) die Vorstellung einer Muse, und
war es selbst Terpsichore, zurückweist: so läfst andrerseits der Ausdruck der Fort-
eilenden mit dem Blick nach einem verlafsnen Gegenstand darauf schliefsen, dafs
hinter ihr derjenige zu suchen sei, dem sie die Leier entrifs. Der Gedanke an
Orpheus und seine Blendung oder Ermordung durch die rasenden Thracierinnen,
auf mehreren vorzüglichen Vasenbildern (5) uns bereits veranschaulicht, liegt zu
nahe, um nicht der Vermuthung Raum zu geben, die weibliche Figur stelle eine
der Mörderinnen des Mysterienlehrers dar, dem das Saiteninstrument früher ge-

(4) Mus. Gregor. T. 1, T. LXXI. d. p. 11. il bottone d. considerevole per la baccante con serpe nella
destra, lira nella sinistra.

(5) Monum. dell' Insric archeol. I, PI. V, 2. Panofka Griechinnen und Griechen Taf. I, 9. — Diota
aus Nola im Neapler Museum, R. Mus. Borbon. Gall. d. Vasi St II, Armad. V. Ann. dell' Institut.
Archeol. Vol. I, p. 269. — Diota des Mus. Gregoriano P. II, Tay. X, la. — Das figurenreichste
Bild auf einem Stamnos bei Gerhard Auserlesne Vasenb. Taf. CLVI. Sieben Thracierinnen der
unsrigen gleich gekleidet, 5 links greifen mit Spiefsen (ifitkoi), Messer und Stein, 2 rechts mit Beil
und gezähnter Sichel den sehon an der Brust verwundeten Orpheus an, der, mit erhobener Lyra
sich im Fliehen wehrend, jugendlich in langem Chiton und Peplos fast weiblich erscheint, Vergl.
Ovid. Metam. XI, 1 sqq.
 
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