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Trendelenburg, Adolf
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 36): Der Musenchor. Relief einer Marmorbasis aus Halikarnass — Berlin, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.719#0004
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DEß MUSENCHOR

Eelief einer Marmorbasis aus Halikarnass.

Jus ist ein unscheinbares Denkmal, dessen Bild in diesem Jahre den Mitgliedern
der archäologischen Gesellschaft als Festgabe dargebracht wird. Nicht nur, dass die
architektonische Umrahmung fast durchweg beschädigt und nur an wenigen Stellen noch
in den Einzelheiten kenntlich ist, auch der figürliche Schmuck desselben ist stark und,
wie es den Anschein hat, absichtlich verstümmelt. Bei keiner einzigen der neun Figuren,
die in massig erhabenem Belief herausgearbeitet sind, ist auch nur ein Best der Gesichts-
züge erhalten, bei allen insgesammt, besonders auffallend aber bei den drei letzten,
erscheint der aus der Eelieffiäche hervorragende Theil des Kopfes wie abgeschnitten.
Eine so gleichmässige Verstümmelung kann kaum zufällig sein, zumal andere Theile des
Beliefs, die mit den Köpfen in gleichem Niveau liegen, wie die an den Baum gelegte
linke Hand der zweiten und die Maske der achten Figur, selbst in den feineren Details
wohlerhalten sind. Es lässt sich also nicht annehmen, dass das Monument etwa lange
Zeit bis zu den Köpfen der Figuren verschüttet war, so dass diese verwittern mussten.
Auch die unteren Theile sind keineswegs der Verstümmelung entgangen, denn bei der
tief herabgehenden Leyer der dritten Figur ist das vordere Stück ganz glatt abgeschnitten.
Somit verräth die Art der Verletzungen die Anwendung eines scharfen Instrumentes,
mit welchem gleichmässig alle stärker hervorspringenden Stellen des Reliefs abgemeisselt
wurden. Ob dies Unverstand oder Fanatismus zu Wege gebracht hat, ist hier so wenig
wie bei andern ähnlich verstümmelten Bildwerken des Alterthums zu errathen.

Trotz dieses unscheinbaren Aeussern aber erregt das Denkmal sowohl durch seinen
Fundort, wie durch seine Darstellung ein nicht gewöhnliches Interesse. Es stammt aus
Budrun, dem alten Halikarnass, wo es im Jahre 1868 in geringer Entfernung westlich
vom Mausoleum aufgefunden wurde1). Der Fundort ist aus Newton's Geschichte der

') Ich verdanke die Fundangabe der Güte des Herrn A. S. Murray in London, den Matz auf meine
Bitte darum befragte. Genaueres über die Fundgeschichte des Denkmals festzustellen, ist auch seinen eifri-
gen Bemühungen nicht gelungen.

1*
 
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