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Robert, Carl ; Furtwängler, Adolf
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 50): Homerische Becher / Ueber ein Vorbild neu-attischer Refliefs / Eine argivische Bronze / Orpheus. Attische Vase aus Gela — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.733#0162
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Ein achtes attisches Werk voa köstlicher Frische, eine« neuen Kopf der Göttin
Athens, die als Beschützerin höherer Cultur so oft schon in Büchern als bedeutsame
Vignette hat dienen müssen, haben wir zum Schmucke des Titels dieses Abschnittes
gewühlt. Die Abbildung reicht freilich nicht aus. den Reiz des Originales zu vermitteln,
doch mag sie immerhin einen ohngefähren Begriff desselben geben. Es -wurde dasselbe
vor langen Jahren, wol zur Zeit von L. Ross, auf der Akropolis zu Athen gefunden9*).
Der Kopf ist in Bronze gegossen, zwar hohl, aber mit sehr dicken Wanden. Er ist
unten nicht abgebrochen, sondern war offenbar bestimmt in eine Statuette eingesetzt zu
werden, die entweder auch aus Bronze oder aus einem anderen Materiale bestand. Die
eingesetzten Augen sind vortrefflich erhalten. Der Augapfel .besteht aus einem jetzt
grauen Metall, wahrscheinlich Silber. Die Iris ist ein weisser Ring, die Pupille ein
dunkler Punkt: beide scheinen aus jetzt zersetzter Glasmasse zu bestehen.

Die Göttin trägt im vollen weichen Haare, das hinten lose auf den Rücken
fällt, wo es an seinem — nicht erhaltenen — Ende zusammengebunden war, den
zurückgeschobenen korinthischen Helm, auf welchem oben ein hoher Busch eingezapft
war. Zu den Seiten sind zwei jetzt nicht mehr ganz vollständige Greife angebracht, deren
Vorderkörper frei herausspringen, während sie im Uebrigen in Relief gebildet sind. Die
Spitze des Helmes, die weit über die Stirne herausprang, ist jetzt leider eingedrückt.
Die Ohrläppchen sind durchbohrt und trugen einst Gehänge.

Das Gesicht hat volle runde Formen und einen frischen Ausdruck. Die ge-
samrnte Stilisirung, namentlich von Haar und Mund, weist uns etwa auf die erste
Hälfte des vierten Jahrhunderts. Die Verzierung des Helmes steht offenbar unter dem
Eiuflusse der Parthenos; seine Form aber ist bereits die korinthische, gegen welche die
attische Athena sich lange gesträubt hat. Von den durch Copieen uns bekannten be-
deutenden Idealbildungen der Athena, welche ins fünfte Jahrhundert gehören, unter-
scheidet sich unser Kopf ganz wesentlich. Er ist aber nicht nur wegen des Fundortes,
der ja nicht entscheidend ist, sondern durch Geist und Charakter durchaus attisch. Was
Phidias in strengeren Formen auszudrücken suchte, die frisch kräftige siegesfrohe Helden-
jungfrau, das giebt dieser prächtige kleine Bronzekopf in der weniger erhabenen, aber
menschlicher, freier bewegten Kunstweise der Epoche des Praxiteles wieder.

Als Geschenk Sr. Majestät des Kaisers und Königs im Antiquarium der kgl. Museen.

W i uck e 1 m anns- Progra
 
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