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Robert, Carl ; Furtwängler, Adolf
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 50): Homerische Becher / Ueber ein Vorbild neu-attischer Refliefs / Eine argivische Bronze / Orpheus. Attische Vase aus Gela — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.733#0137
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1-2S

ho nach vorne gekämmt, dass sie über der Stirne auf beiden Seiten vom Ohre bis zur
Mitte einen flachen Wulst bilden; die Mitte über der Nase bleibt frei und lä'sst den
Haaransatz sehen.

Diese Haartracht ist nicht ohne Interesse. "Wenn wir uns nach Analogien um-
sehen, so finden wir nahe entsprechende, d. h. solche welche die beiden Charakteristischen
Teile, den hinteren aufgerollten Wulst wie den vorderen der nach vorne gekämmten
Ilaare vereinigen, nicht häutig. Als Beispiele, die mir bekannt geworden sind, nenne ich
vor allem eine treffliche Jüngliugsstatuc von Akragas6) und einen Münztypus von Ta-
rent:), deren Frisur der unserer Bronze ganz entspricht, nur dass die Scheitelung vorne
fehlt; beide Köpfe sind dem der Bronze auch im Stile nahe verwandt. Daran schliesst
sich der schöne Kopf des Beilscliwingers aus dem Westgiebel von Olympia (Ausgr. II,
Tf. 9B; Funde Tf. 14A); denn dessen Frisur ist durchaus dieselbe wie die unserer
Bronze; nur ist der vordere Wulst voller als hier, doch sind die Haare, wie aus dem
Contur des Wulstes sicher hervorgeht, nicht nach hinten aufgerollt, sondern eben wie an
der Bronze nach vorne gekämmt; über der Nase ist wie dort eine Scheitelung angedeutet.
Sehr schwach sind die beiden Wülste an der Bronzestatuette eines Jünglings von Olympia
angegeben (Olympia Bd. IV, die Bronzen, Taf. 8, 52), welche dem Stile der Aegineten
verwandt ist. Betrachten wir aber die beiden Teile dieser Haartracht einzeln und fragen
nach dem getrennten Vorkommen derselben, so finden wir den vorderen Teil recht
selten8), um so häufiger aber den hinteren, den aufgerollten Wulst. Das Vorkommen
des letzteren lässt sich je nach der für das Vorderhaar beliebten verschiedenen Anordnung
in drei Gruppen teilen. Die erste zeigt, während das hinten längere Haar in den Wulst
aufgerollt ist, vorne kurze in die Stirne gekämmte Haare, weiche in Löckchen enden.
Die ältesten Beispiele für diese sehr häufige Haartracht bieten die Aegineten (die Sta-
tuen des sog. Achill und des sog. Aias) und einige andere ihnen gleichzeitige Werke9).
Dann kommen solche des strengen Stiles; häufig ist die Traclit z. B. auf den sog. me-
lisehen Reliefs; vor allem aber ist der sog. Apollon vom Westgiebel zu Olympia zu
nennen. Diese Haartracht, ebenso wie die vorhin besprochene unserer Bronze, kommt,
soviel ich sehe, ausschliesslich bei männlichen und zwar jugendlichen Figuren vor. Mit
Recht hat daher B. Graf10) zwei Köpfe der olympischen Tcmpelsculpturen, die man
bisher für weiblich angesehen hatte, für männlich erklärt. Es ist dies der Kopf

*■) Gefunden in einem Brunnen beim sog. Demeter-und Perscphone-Tempel; jetzt im Museum
von Girgenti. Von parischem Marmor. Die Haare sind rot bemalt, doch sehr fein und scharf mit dem
Meissei ausgearbeitet. _Abguss in Berlin (Friederichs-Wolters 153).

*) Gardner, types 1, 9; Sum. Chronicle, Ser. 3, vol. 9, Taf. I, 5.

8) Er erseheint an einer Bronzestatuette der Akropolis, welche einen auf beiden Sohlen
stehenden Jüngling in dem äginetischen verwandtem Stile zeigt; ohne Scheitelung.

9) Der Kopf Athen. Mitth. 1883, Tf. 6, 1.2 und die Statue Bull de corr. hell. 1887, pl. 13, 14.
Vgl. Graf in Athen. Mitth. 1888, S. 404. Dazu kommt ein archaischer Bronzekopf in Besitz des Grafen
M. Tyszkiewicz.

,0) In den Athen. Mitth. 1888, S. 404.f.
 
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