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Pernice, Erich
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 56): Griechisches Pferdegeschirr im Antiquarium der Koeniglichen Museen — Berlin, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.739#0006
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Reiterei vor unseren Augen vorüberziehen, wio sie in buntestem Wechsel der Gangarten
(laliinreitend den Glanzpunkt des Festzuges bildet — outuj Ss -/.cd &nv 6 ne-smpi'Cmv
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^epaiTspmv -ä ö[ip.aTo< xorrexst, 'und ein solches Pferd, das sich hebt, ist so schön, so be-
wundernswert und so herrlich, dass es aller Augen von Jung und Alt festhält', hatXonopiion
gewiss ganz ans des Künstlers Seele heraus gesagt. Aber selbst kleine und fast nebensäch-
liche Beobachtungen uns mitzuteilen hält er nicht für überflüssig; wie das Pferd den
schonen Hals tief herabbeugt, wie ein anderes sich sträubt, während ihm das Zaumzeug
angelegt wird — diese und andere einzelne geringe Züge fesseln ihn in gleicher Weise wie
der prachtvolle Anblick des Tieres, das froh seiner Kraft im Galopp dalüiisprengt. Der
Meister des Parthenonfrieses empfindet in dieser Bewunderung und Freude durchaus mit
seinen Zeitgenossen und Voreltern. Es ist auffallend, welch grosse Rolle das Pferd in den
Malereien der attischen Vasen spielt, wie sie von Anfang an erfüllt sind mit Darstellungen
von Begebenheiten, die den Reiter und sein Ross, den Wagenlenker und sein Viergespann
zum Gegenstande haben. Wenn man die schönklingenden Namen liest, die den Pferden
beigeschrieben werden, wenn man sieht, mit welchem Vergnügen die verschiedenartigen
Lebensäusserungen des Tieres beobachtet und verfolgt, mit welcher Liebe die mannig-
fachsten Eigenschaften an ihm charakterisirt werden, wie beispielsweise hier der weissen
Farbe, dort dem Schecken, anderswo dem Rappen der Vorzug gegeben wird, so gewinnt
man den richtigen Eindruck von dem nahen Verhältnis, in welchem damals der Herr zu
diesem vornehmsten Haustier gestanden hat, man begreift es, wenn es ihm auch in den
Tod folgen musste. An dem Scheiterhaufen des Patroklos werden vier seiner Pferde
zugleich mit zwei Lieblingshunden geschlachtet. Kimon, der Sohn des Stesagoras, lag,
wie Herodot erzählt, in Koile vor der Stadt begraben, seinem Grabe gegenüber aber
wurde ein Grab aufgerichtet für die Pferde, mit denen er dreimal bei den olympischen
Spielen gesiegt hatte. Dem tapferen Reiter, dem man Helm, Schild und alle anderen
Waffen in das Grab legte, gab man auch das Geschirr des Kriegsrosses mit, das zu ihm
gehörte und das man am Grabe geschlachtet hatte. Das lässt sich an so vielen Grab-
stätten verfolgen. Die reichen Gräber des fünften und vierten Jahrhunderts in Süd-
russland haben überaus viel Pferdegerät enthalten. Dort waren meist neben dem
eigentlichen Grabe Gruben für die Reittiere angelegt, in deren einer mehr als sechs
Pferdeskelette mit allem Schmuck gefunden worden sind; aber auch dem Toten selbst
hat man das Zaumzeug mitgegeben. In den Kriegergräbern Italiens ist die Pferdetrense
und der Pferdesclnnuck die ständige Beigabe. Und wer im Altertum sein Pferd nicht
zu kriegerischer Thätigkeit gebrauchte, wer sich Pferde zum Sport hielt, dem war es
gewiss ein angenehmer Gedanke, sich im Tode von denjenigen Dingen umgeben zu wissen,
denen er im Leben seine hoste Zeit gewidmet hatte1).
 
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