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Watzinger, Carl
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 63): Das Relief des Archelaos von Priene — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.3151#0004
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Das Relief des Archelaos, Apollonios' Sohn, aus Priene, das unter dem Namen
'Apotheose des Homer' bekannt ist und sich jetzt im britischen Museum befindet, hat
als eines der merkwürdigsten Denkmäler der Antike seit seiner Auffindung lange Zeit
das Interesse der Gelehrten und Kunstfreunde wachgehalten, ohne daß man zu einer
befriedigenden Erklärung der Darstellung gelangt wäre'). In den letzten Jahrzehnten hat
bis auf vereinzelte neue Beiträge2) dies Interesse nachgelassen, und die Forschung
begnügte sich damit, die früheren Ansichten zu wiederholen. Und doch gilt es nur die
bisherigen richtigen Beobachtungen weiterzuverfolgen, um auf den Weg zu gelangen, der
uns der Lösung des Problems näher bringt und uns zugleich erlaubt, Zeit und Herkunft
des kunstgeschichtlich höchst wichtigen Denkmales genau zu bestimmen.

I.

Das um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Bovillae gefundene Relief kann nicht
nur der Herkunft seines Meisters wegen, sondern auch seinem Materiale nach nicht dem
römischen Kunstkreise angehören. Der glänzend weiße, hier und da von grauen Streifen
durchzogene, großkrystallinische Marmor, aus dem es gefertigt ist, weist nach den griechischen
Inseln oder der Küste Kleinasiens, wie bereits Michaelis gesehen hat3). Wir werden schon
auf diese Beobachtung hin annehmen dürfen, daß das Relief nicht in Italien von einem
kleinasiatischen Künstler gefertigt ist, sondern daß es ein griechisches Original ist, das
von seinem ursprünglichen Aufstellungsorte nach Italien gebracht worden ist. Die An-
nahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch eine Untersuchung der Darstellung im
einzelnen. Sie zerfällt in einen größeren oberen und einen kleineren unteren Teil. Oben
sehen wir vor einer sich in drei Abstufungen aufbauenden Felslandschaft die neun Musen
in einzelne Gruppen verteilt; über ihnen sitzt in bequemer Haltung Zeus, etwas tiefer
als Zeus steht Mnemosyne, die Mutter der Musen, und unten in einer Felshöhlung Apollo

') Die ältere Litteratur bei Kortegarn, de tabula Archelai. Dazu Jahn-Michaelis, Griechische
Bilderchroniken S. 81 Anm. 410. Overbeck, Plastik II S. 405. Trendelenburg, der Musenchor, 36. Ber-
liner Winckelmannsprogramm. Friederichs-Wolters 1629.

s) Vgl. S. Reinach, Gazette archeologique XII (1887) S. 132 ff., auf Taf. 18 vortreffliche Abbil-
dung; Amelung, Basis des Praxiteles aus Mantinea S. 74 und Anhang; v. Wilamowitz, Archäologischer
Anzeiger 1903 S. 119. Große, gute Abbildung Brunn-Bruckmann, Denkmäler Taf. 50. Hier Taf. I.

3) Vgl. Michaelis a. a. 0. Anm. 410.
 
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