96 Die Kämpfe der Aufklärung in Frankreich.
und rationalen Behandlung angeregt, er begründete die constitu-
tionelle Staatslehre für Europa. In ländlicher Abgezogenheit ver-
faßte er seine beiden Werke über die Ursachen der Größe und des
Verfalls der Römer nnd über den Geist der Gesetze. lieber zwei
Jahrhunderte hinaus reicht er Machiavelli die Hand nnd setzt fort
waS dieser begonnen. Wie der Italiener in den Reden über die
ersten zehn! Bücher des Livins zeigt auch Montesquieu einem durch
den Despotismus herabgewürdigten Geschlecht wie ein Volk durch
Freiheit nnd Patriotismus groß wird. Das Bewußtsein und die
Uebung der eigenen Kraft, die Arbeit fürs Vaterland, die Kriegs-
zncht, das Parteigetriebe das jede Kraft anspannt, aber doch ver-
stummt wenn äußere Feinde drohen und sich gegen sie wendet, die
Bewegung und Gefahr, die es möglich machen den rechten Mann
an den rechten Platz zu bringen, die Gewohnheit nur nach dem
Siege Frieden zu schließen, dem Sieger die Ehre des Triumphs zu
gewähren, den Besiegten ihre Götter, ihre Gebräuche zu lassen,
der Mnth von einem zweiten Feinde auch Schlimmes zu dulden
bis der erste niedergeworfen ist, das sind die Bedingungen für das
Wachsthum Roms gewesen, während die maßlose Vergrößerung,
die Selbstsucht in den Bürgerkriegen, der asiatische Lupus, die lange
Abwesenheit der Bürger in fernen Ländern, die sie unterjochten,
die schlechten Kaiser zum Verfall des Staats zusammenwirkten.
Montesquieu stellte sich ganz ans den pragmatischen Standpunkt
um nicht blos Ereignisse zu berichteu, sondern ihren Zusammenhang
nach Grund nnd Folge zu betrachten; in den gesellschaftlichen Zu-
ständen, nicht in einzelnen Begebenheiten oder in der Willkür der
Persönlichkeiten sieht er das Geschick der Völker vorbereitet, nnd
erkennt die Verkettung von Ursachen nnd Wirkungen welche die
ganze Menschheit durch alle Zeitalter verbindet. Er selber sagt:
„Es sind die allgemeinen sowol sittlichen als natürlichen Ursachen
und Verhältnisse welche das Schicksal jedes Reichs bestimmen, es
erheben, erhalten oder stürzen; alle Ereignisse sind diesen Bedin-
gungen unterworfen, und wenn etwas Vereinzeltes, wie der Zufall
einer Schlacht, einen Staat in den Untergang zieht, so gab es eine
allgemeine Ursache, welche machte daß dieser Staat durch eine ein-
zige Schlacht nntergehen konnte; mit einem Wort die Gesammt-
haltnng bedingt alle Einzelerscheinungen/' — Der kleine Umfang
der geistreichen Schrift, der sichere Ton in den zu Machtsprüchen
geschliffenen Sätzen, die Ordnung und Klarheit der Gedanken nnd
die Redeblumen der Darstellung verschafften dem Büchlein seinen
und rationalen Behandlung angeregt, er begründete die constitu-
tionelle Staatslehre für Europa. In ländlicher Abgezogenheit ver-
faßte er seine beiden Werke über die Ursachen der Größe und des
Verfalls der Römer nnd über den Geist der Gesetze. lieber zwei
Jahrhunderte hinaus reicht er Machiavelli die Hand nnd setzt fort
waS dieser begonnen. Wie der Italiener in den Reden über die
ersten zehn! Bücher des Livins zeigt auch Montesquieu einem durch
den Despotismus herabgewürdigten Geschlecht wie ein Volk durch
Freiheit nnd Patriotismus groß wird. Das Bewußtsein und die
Uebung der eigenen Kraft, die Arbeit fürs Vaterland, die Kriegs-
zncht, das Parteigetriebe das jede Kraft anspannt, aber doch ver-
stummt wenn äußere Feinde drohen und sich gegen sie wendet, die
Bewegung und Gefahr, die es möglich machen den rechten Mann
an den rechten Platz zu bringen, die Gewohnheit nur nach dem
Siege Frieden zu schließen, dem Sieger die Ehre des Triumphs zu
gewähren, den Besiegten ihre Götter, ihre Gebräuche zu lassen,
der Mnth von einem zweiten Feinde auch Schlimmes zu dulden
bis der erste niedergeworfen ist, das sind die Bedingungen für das
Wachsthum Roms gewesen, während die maßlose Vergrößerung,
die Selbstsucht in den Bürgerkriegen, der asiatische Lupus, die lange
Abwesenheit der Bürger in fernen Ländern, die sie unterjochten,
die schlechten Kaiser zum Verfall des Staats zusammenwirkten.
Montesquieu stellte sich ganz ans den pragmatischen Standpunkt
um nicht blos Ereignisse zu berichteu, sondern ihren Zusammenhang
nach Grund nnd Folge zu betrachten; in den gesellschaftlichen Zu-
ständen, nicht in einzelnen Begebenheiten oder in der Willkür der
Persönlichkeiten sieht er das Geschick der Völker vorbereitet, nnd
erkennt die Verkettung von Ursachen nnd Wirkungen welche die
ganze Menschheit durch alle Zeitalter verbindet. Er selber sagt:
„Es sind die allgemeinen sowol sittlichen als natürlichen Ursachen
und Verhältnisse welche das Schicksal jedes Reichs bestimmen, es
erheben, erhalten oder stürzen; alle Ereignisse sind diesen Bedin-
gungen unterworfen, und wenn etwas Vereinzeltes, wie der Zufall
einer Schlacht, einen Staat in den Untergang zieht, so gab es eine
allgemeine Ursache, welche machte daß dieser Staat durch eine ein-
zige Schlacht nntergehen konnte; mit einem Wort die Gesammt-
haltnng bedingt alle Einzelerscheinungen/' — Der kleine Umfang
der geistreichen Schrift, der sichere Ton in den zu Machtsprüchen
geschliffenen Sätzen, die Ordnung und Klarheit der Gedanken nnd
die Redeblumen der Darstellung verschafften dem Büchlein seinen