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Cartwright, Julia; Schröder, Clara [Übers.]
Jean Francois Millet: sein Leben und seine Briefe — Leipzig: Hermann Seemann Nachfolger, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.61218#0136
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Jean Francois Millet.

und nur mit einem kleinen Fenster in einer Ecke,
wurden während der nächsten fünf Jahre alle seine
grossen Bilder gemalt. Später wurde das Haus ver-
bessert, und der Besitzer baute ein neues Atelier.
Aber vorläufig waren diese drei Räume alles, was
das Haus bot, welches Millet, so wie er es fand,
für die geringe Summe von 160 Francs mietete.
Wie es auch war, der Künstler lebte dort mit
seiner Frau in vollkommener Zufriedenheit; die Frei-
heit und die Ruhe seines neuen Lebens sagten ihm
unendlich zu. In den frühen Morgenstunden arbeitete
er in seinem Garten, es war ihm ein wahrer Genuss,
wieder mit Spaten und Hacke zu hantieren. Wenn
er über die Felder ging, nahm er oftmals einem Ar-
beiter den Spaten aus der Hand und zeigte ihm zu
dessen Erstaunen, wie gut er zu graben verstand.
Nach dem Frühstück ging Millet in sein Atelier
und arbeitete bis Sonnenuntergang, dann hörte er auf,
um in den Wald zu gehen oder noch von den Fel-
dern hinter seinem Hause den Sonnenuntergang zu
beobachten. Es war eine gesunde und friedliche
Lebensweise, günstig sowohl für die Arbeit, wie für
die allmähliche Entwickelung der Ideen, die seinen
Geist erfüllten. Die erste Arbeit, welche ihn be-
schäftigte, war eine Studie der Ruth im Felde des
Boas, welche er mit Kohle an die Wand des Ateliers
skizzierte. Das Feld, die Arbeiter und die Aehren-
leser waren Studien aus dem Leben in Barbizon; das
Bild wurde später 1852 unter dem Titel Les Mois-
sonneurs ausgestellt.
Aber in diesem Herbst kam er mit dieser Dar-
stellung nicht weiter und verbrachte seine Zeit mit
der Aufnahme der tausendfältigen Eindrücke, welche
er täglich durch seine neue Umgebung erhielt, und
 
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