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Almanach 1926

Außer diesem Museum gibt es in Moskau noch eine Er-
innerungsstätte in der sogenannten Tolstojgasse, das Haus,
welches Tolstoj seinerzeit mit seiner Familie bewohnt
hatte. In diesem Hause hatTolstoj zur Zeit seiner ethischen
Wiedergeburt gelebt; dort sind auch seine ersten Schriften
aus dieser Epoche entstanden; in jenem Hause wird noch
die Schuhmacher-Werkstätte gezeigt, die Tolstoj damals
für sich eingerichtet hatte. Man kann dort neben Tolstojs
damals zwölfbändiger Ausgabe seiner Werke auch ein
Paar von ihm selbst verfertigter Stiefel erblicken, die er
scherzhaft als Band dreizehn und vierzehn bezeichnet
hatte.
Dort, in Moskau, ist in einem feuersicheren Archiv
auch der größte Teil der Nachlaßschriften Leo Tolstojs
untergebracht. Der Leiter dieses Archivs ist Gusseff, einer
der letzten Sekretäre des Dichtets. Andere Schriften wieder
werden im Rumjanzeff-Museum verwahrt, viele Briefe
und die meisten sozialethischen Manuskripte bei Tschert-
koff. Tolstoj hatte ja vor seiner Flucht aus Jasnaja-Poljana
seine jüngste Tochter Alexandra zur Universalerbin seiner
gesamten literarischen Hinterlassenschaft eingesetzt, die
Aufbewahrung und Bearbeitung der sozialethischenSchrif-
ten hingegen schon in früheren Jahren seinem Freunde
Tschertkoff anvertraut. Er war dabei von der Überzeugung
ausgegangen, daß Alexandra bei der Verwertung des lite-
rarischen Nachlasses durchaus in seinem Sinne handeln
werde. Da Alexandra damals krank war, bestimmte Tolstoj,
es solle, für den Fall ihres Ablebens, sein literarisches
Erbe an seine älteste Tochter Tatjana übergehen.
Nach Tolstojs Tode kam zwischen Alexandra und
Tschertkoff ein Abkommen zustande, demzufolge der
 
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