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Rene Fülöp-Miller: Jasnaja-Poljana nach Tolstojs Tode

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Handlung zu überzeugen und verhält sich auch in den
schwersten Lebenslagen, ohne irgendwelcheErleichterung
in Anspruch zu nehmen, genau so, wie es ihn sein Meister
gewiesen hatte.
Die Hauptstützen der Tolstoj ’schen Bewegung in Ruß-
land sind auch jetzt noch die religiösen Bauernsekten der
Duchoborzen und Molokanen, die in ihrer sittlichen
Lebenshaltung den Forderungen Tolstojs noch am meisten
gerecht werden. Von diesen Bauern, mit denen Tolstoj
in steter Berührung gelebt hatte, denen er Freund, Helfer
und Berater war, wird er auch heute noch als Heiliger
verehrt. Auch ist unter der bäuerlichen Bevölkerung noch
immer die Tätigkeit in lebendiger Erinnerung, die Tolstoj
während der großen Hungersnot entwickelt hatte, als er
die Hilfsaktion für die Darbenden leitete.
Abgesehen von dem Gute Jasnaja-Poljana, befinden sich
in Rußland noch zwei Stätten, wo Tolstoj gewirkt hatte,
beide in Moskau. Auf der „Pretschistinka“ Nr. 11 ,in einem
gelben, villenartigen Parterrehäuschen, befindet sich das
Tolstoj-Museum, in welchem sieben Zimmer allein dem
Andenken des Dichters geweiht sind. Die Museumsäle zei-
gen in chronologischer Ordnung die Erinnerungen, Pho-
tographien, Briefe und Manuskripte aus der Zeit jener selt-
samen Wandlung in Tolstojs Leben, die den reichen russi-
schen Grafen, Offizier und Jäger zum Apostel der unver-
dorbenen Lehre Christi gemacht hatte. Dorthin ist auch die
gesamte Einrichtung des Sterbezimmers in Astapowo über-
tragen worden, alles genau so, wie er es angeordnet, wie es
im Augenblick der Katastrophe sich befunden hatte.
Dieses Museum besteht seit etwa fünf Jahren und wird
von Tolstojs ältester Tochter Tatjana Lwowna geleitet.
 
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