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Almanach 1926
sonderen Stück Arbeit so innig verband. Der Architekt
kann seinem Werke noch immer den persönlichen Stempel
verleihen, und selbst bei der nur praktischen Zwecken
dienenden Fabrik kann er die einfachen Formen des In-
genieurs benutzen und aus ihnen einen so prachtvollen
Bau schaffen, wie es das Fletcher Building von Heimle
und Corbett in Newyork ist. In dem Grade, wie ehrliche
Ingenieurarbeit besser ist als Pseudoarchitektur, ist echte
Architektur besser als Ingenieurarbeit; denn sie schlägt
dieselben ästhetischen und menschlichen Saiten an, die
bei der Malkunst und der'Skulptur vibrieren. Dem Archi-
tekten vor allen anderen Künstlern ist die Möglichkeit
gegeben, sich von willkürlichen und mechanischen Vor-
bildern frei zu machen und neue, sein Problem erschöp-
fende Formen zu ersinnen. Bisher ist ihm allerdings solche
Freiheit des Schaffens nur bei traditionellen Bauten, wie
zum Beispiel bei Kirchen, Bibliotheken und Konzertsälen,
gestattet, die, außerhalb des Machtbereichs des jetzigen
auf das finanzielle System eingestellten Regimes liegend,
einige Aussicht auf Dauer haben.
Ehe wir aber so weit sein werden, daß alle unsere Ge-
bäude den Stempel ihres Schöpfers tragen, ehe unsere
Häuser dem Handwerk ihre Pforten wieder öffnen, um
ihren Ornamenten und Details den soliden Glanz der
Dauer zu geben, muß in unserem ökonomischen Leben
noch eine recht gründliche Neuorientierung eintreten.
Solange Häuser gebaut werden, um die Preise der Grund-
stücke zu erhöhen, solange Häuser als Massenartikel pro-
duziert werden, um sie an ein paar arme Teufel zu ver-
kaufen, die ein Obdach für Frau und Kinder brauchen,
ist es nutzlos, über die Aufgaben der Kunst zu sprechen;
Almanach 1926
sonderen Stück Arbeit so innig verband. Der Architekt
kann seinem Werke noch immer den persönlichen Stempel
verleihen, und selbst bei der nur praktischen Zwecken
dienenden Fabrik kann er die einfachen Formen des In-
genieurs benutzen und aus ihnen einen so prachtvollen
Bau schaffen, wie es das Fletcher Building von Heimle
und Corbett in Newyork ist. In dem Grade, wie ehrliche
Ingenieurarbeit besser ist als Pseudoarchitektur, ist echte
Architektur besser als Ingenieurarbeit; denn sie schlägt
dieselben ästhetischen und menschlichen Saiten an, die
bei der Malkunst und der'Skulptur vibrieren. Dem Archi-
tekten vor allen anderen Künstlern ist die Möglichkeit
gegeben, sich von willkürlichen und mechanischen Vor-
bildern frei zu machen und neue, sein Problem erschöp-
fende Formen zu ersinnen. Bisher ist ihm allerdings solche
Freiheit des Schaffens nur bei traditionellen Bauten, wie
zum Beispiel bei Kirchen, Bibliotheken und Konzertsälen,
gestattet, die, außerhalb des Machtbereichs des jetzigen
auf das finanzielle System eingestellten Regimes liegend,
einige Aussicht auf Dauer haben.
Ehe wir aber so weit sein werden, daß alle unsere Ge-
bäude den Stempel ihres Schöpfers tragen, ehe unsere
Häuser dem Handwerk ihre Pforten wieder öffnen, um
ihren Ornamenten und Details den soliden Glanz der
Dauer zu geben, muß in unserem ökonomischen Leben
noch eine recht gründliche Neuorientierung eintreten.
Solange Häuser gebaut werden, um die Preise der Grund-
stücke zu erhöhen, solange Häuser als Massenartikel pro-
duziert werden, um sie an ein paar arme Teufel zu ver-
kaufen, die ein Obdach für Frau und Kinder brauchen,
ist es nutzlos, über die Aufgaben der Kunst zu sprechen;