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Verlag Bruno Cassirer
Almanach: auf das Jahr ... — 1926

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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.70233#0099
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Julius Aufseesser: Aus meinem Sammlerleben gg
gewerblichen Ausschweifungen, — kurzhin Renaissance
betitelt, — austobte, zu verbinden, und der auf Tage, Wo-
chen und Monate gemietete Laden im Berliner Westen
sollte den Errungenschaften von Franzens eigenem erfin-
derischen Geist, bestehend in transportabeln Architektur-
stücken und Kulissen, wie sie heute noch bei den Photo-
graphen in Krähwinkel beliebt sind, als glänzende Folie
dienen.
Doch ich will nicht vorgreifen.
Unsere Wanderungen durch die verschlungenen Pfade
von Franzens künstlerischer Forschung und Fixigkeit
waren selbstverständlich von diplomatischen Verhand-
lungen unterbrochen, wie sie der Erwerbung von Anti-
quitäten fast immer vorauszugehen pflegen, und da deren
urbane Form von meiner Seite meinem Freunde Franz, —
denn als solcher gab er sich mir nach kurzer Zeit in Sprache
und Haltung rückhaltlos zu erkennen, — wohl Sympathie
einflößte, ist es ebenso verständlich als auch verzeihlich,
wenn er dem Drange seines Herzens nicht widerstehen
konnte, mich einen Blick in das Leben eines interessanten
Menschen, — seines eigenen, — tun zu lassen.
Franz war natürlich Berliner Kind, einer Familie ent-
stammend, deren Porträts schon Franz Krüger gezeichnet
und gemalt, und stände, wenn es nur allein nach seiner
guten Mutter gegangen wäre, heute nicht in dem Interims-
laden in der Lützowstraße, sondern auf einer Kanzel, und
man kann nicht wissen, vielleicht der des Berliner Domes.
— Aber, — und nun erklärte sich mir auch das herrliche
Timbre der Stimme, die mich bei meinem Eintritt so
melodisch begrüßt, — Franz wollte nichts anderes als
Sänger werden, und zwar richtiger, bejubelter Sänger auf
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