Metadaten

Kunstsalon Paul Cassirer [Editor]; Hugo Helbing [Editor]; Hugo Helbing (Firma) [Contr.]; Waldmann, Emil [Oth.]; Pearson [Oth.]
Ausstellung / Paul Cassirer ; Hugo Helbing: Sammlung Pearson, Paris: französische Meister ; Versteigerung: Dienstag, den 18. Oktober 1927 — Berlin: Cassirer, 1927

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.48746#0011
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Gemäldesammlung des in Paris lebenden englischen Kunstfreundes
Pearson ist im Laufe der letzten vierzig Jahre entstanden, ziemlich
unbemerkt von der Öffentlichkeit. Ohne ein kunsthistorisches oder ein
kunstpolitisches Programm zu verfechten, im Kampfe der Richtungen,
zeigt sie eine ausgesprochene künstlerische Physiognomie. Das Gesicht einer
Liebhabersammlung, deren Besitzer mit sicherem Geschmack seine eigenen
Wege ging, der nichts wollte als Bilder haben, die er liebte, der neben den
vielen großen Meistern auch gelegentlich einen kleinen Meister, wenn das
Bild nur gut war, kaufte und dessen Lepine dann so gut war, daß er
weniger ihn als uns heute überrascht. Und der im Laufe der Jahrzehnte
dann in seiner Sammlung ein Ganzes zusammenbrachte, das ganz absichts-
los ein schönes und reiches Bild von mehr als nur zwei Epochen französischer
Malerei widerspiegelt. Dieses Ganze ist eminent französisch, aber gesehen
durch ein englisches Temperament.
Französische Malerei hat im Laufe der Jahrhunderte das große Glück
einer stets lebendig fortwirkenden Tradition gehabt. Man kann, praktisch,
einen Poussin neben einen Cezanne hängen. So gut wie eine Gesellschafts-
szene von Watteau neben eine späte Riviera-Landschaft von Renoir, ohne
den Abstand der Jahrhunderte als etwas Fremdartiges zu empfinden. Und so
bedeuten die Poussins und Claude Lorrains in der Sammlung Pearson
mehr als nur eine historische Einleitung zu diesem aus dem ig. Jahr-
hundert stammenden Ensemble. Der Weg, der von Claude (über William
Turner) in die französische Malerei des ig. Jahrhunderts führt, ist klar zu
bezeichnen, und Poussins Klassizität war im Laufe dieses Jahrhunderts,
von seinem Anfang bis zu seinem Ende, immer einmal wieder heimlich
das gute Gewissen und die leidenschaftliche Sehnsucht der französischen
Maler. Einer ihrer Größten träumte davon, einen Poussin ganz nach der
Natur zu malen. Daß nicht nur die beiden Claudes, sondern auch die
Poussins aus England stammen, wo sie von Waagen sehr bewundert
wurden, und damit die Brücke zwischen französischem und englischem
Kunstleben schlagen, blieb charakteristisch für die ganze Sammlertätigkeit
Pearsons. Die persönlichen Neigungen, denen er bei aller Umsicht und
aller Gerechtigkeit folgte, waren englische Neigungen 5 nicht nur, wenn er
von allen Impressionisten seinen Landsmann Alfred Sisley besonders pflegte.
In dem Jahrzehnt nach 187 o, in welches die Anfänge dieser Sammlung
zurückreichen, berührten sich im öffentlichen Pariser Kunstleben die In-
teressentenkreise von zwei Künstler-Generationen. Die Schule von 1850
 
Annotationen