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Kunstsalon Paul Cassirer [Hrsg.]; Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Besitz des Herrn Edgar Gutmann / Berlin: ost- und südasiatische Kunst, Versteigerung 29. März 1928 — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.24496#0011
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Wenn mit dieser Versteigerung das „Lager“ eines Händlers, eines altbewährten zwar
und eines der ersten, der in Deutschland ostasiatische Kunst zu seiner Spezialität
machte, zum Verkauf gelangt, so mag man fürchten, an Stelle der glücklichen Ergebnisse
des liebevollen Wählens und planvollen Sichtens eines geschmacksicheren Amateurs eine
eher unpersönliche Anhäufung vorzufinden. Man ist angenehm enttäuscht. Die Gesamt*
heit des Besitzes Edgar Gutmann erweist sich als außerordentlich interessant, in mancher
Beziehung sogar als ungewöhnlich.

Daß die Hauptmasse der Gegenstände — etwa ein Drittel — dem Gebiete der
chinesischen Töpferkunst angehört, und zwar neben einigen Beispielen der früheren und
späteren Perioden ihrer klassischen Zeit, also der T’ang*, Sung* und Yüanzeit (7. bis
14. Jahrhundert) oder wenigstens ihrem Stile, wäre heute nicht weiter bemerkenswert.
Daß aber davon wieder ein gutes Viertel aus einer einzigen Fabrikationsstätte stammt
oder, sagen wir vorsichtiger, einem einzigen Typ angehört, beansprucht schon gewisse
Aufmerksamkeit. Das Tz’u Chou Yao*) (Nr. 87—116 T. VIII) — dieses ist gemeint — be*
nannt nach Tz’u Chou in Chihli, seinem wichtigsten Herstellungszentrum, zählt überhaupt
zu den kurzweiligsten keramischen Erzeugnissen Chinas. Es umfaßt mehrere im Grunde
ganz verschiedene Techniken. Gemeinsam erscheint allen Arbeiten der auf einer rahm*
farbenen Engobe aufgetragene Dekor, der von besonderer Bedeutung und am liebsten
der Tuschmalerei entliehen ist. Wie geistreich versteht der chinesische Meister den kalli*
graphisch gebundenen und doch kühnen und ausdrucksvollen Pinselstrich seiner herrs
liehen Tuschmalerei den Formen der Vasen, Teller, Büchsen und Geräten aller Art anzu*
passen, mag nun eine figürliche oder animalische, eine vegetabilische oder eine mehr
ornamentale Zier gewählt sein. Und wie sich die ganze Entwickelung der Tuschmalerei
im Dekor des Tz’u Chou Yao spiegelt, das zu studieren, ist von höchstem Reiz. Daß es
noch heute oder bis vor kurzem hergestellt wurde, obwohl die Entstehung der Öfen bis
ins 6. Jahrhundert zurückgeht und die Sungzeit ihre Blüte sah, wird allerdings manchen
unsicheren Sammler schrecken. Keineswegs ist immer das ältere auch das bessere Stück.
Man sollte sich unbeirrt um historische Erwägungen über die Qualität entscheiden.

:) Yao*Keramik.
 
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