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Kunstsalon Paul Cassirer <Berlin> [Hrsg.]; Hugo Helbing <München> [Hrsg.]; Ostermann, Paul [Bearb.]
Sammlung Dr. Paul v. Ostermann, Darmstadt - München (Band 1): Europäische Porzellane, Fayencen, Möbel, Stiche, alte Gemälde: Versteigerung: 30./31. Oktober, 2. November 1928 bei Paul Cassirer, Berlin — München, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16204#0008
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Flakons). Die Lockerung und Auflösung der Biideinfassungen im fortschreitenden
Rokoko wird durch zwei zart gemalte Tassen (Nr. 243, 244) veranschaulicht.
Die Sammlung v. Ostermann hat auch das außerdeutsche europäische Porzellan
des 18. Jahrhunderts in ihr Bereich gezogen. Neben der Masse deutscher Erzeug-
nisse bilden alierdings die Porzeliane aus Frankreich, Itaiien, England, Beigien, Hoi-
iand, der Schweiz nur eine kleine Abteiiung; aber diese umfaßt auch das Weich-
porzelian von Sevres, das ais Höchstleistung der Gefäßdekoration aus der 2. Häifte
des 18. Jahrhunderts den älteren Meißener Geschirren an die Seite gestellt
werden darf. Es sind über 100 Stück Sevres (Nr. 904 ff.), die den der päte tendre
eigentümlichen Vorzug einer durch aparte Farben ausgezeichneten Palette, einer
glanzvolien Giasur, die Kunst der ziseiierten Vergoidung und den raffinierten Ge-
schmack der französischen Staatsfabrik im besten Licht zeigen.
Da P. v. Ostermann seiner Sammeltätigkeit sehr viel Zeit widmen konnte, ist er
gern und mit Erfolg den Seltenheiten und Merkwürdigkeiten, namentlich des süd-
deutschen Porzelians, nachgegangen. Die Früchte zeigen sich in der bemerkens-
werten Abteilung der Hausmaierarbeiten (Nr. 340—377) und daran anschließend
die zuweiien auch ais Hausmaierei angesehenen Frühwerke der Wiener Fabrik von
Du Paquier (Nr. 378—412), darunter als Unikum die Figur einer Chimäre (Nr. 378).
Die „seltenen" Fabriken Kassel, Baden, Ottweiier, Pfaiz-Zweibrücken sind mit
einigen signierten Stücken, die hessische Fabrik von Kelsterbach mit einer ansehn-
iichen Reihe von Figuren vertreten (Nr. 881—889). Die Fabrik von Fulda, die wegen
ihres kurzen Bestehens auch zu den seltenen zähit, hat eine sehr stattliche Zahi
von Tassen und Figuren (Nr. 788—824) beigetragen und als ein Hauptstück seiner
Plastik die beiden wundervoli modeilierten Sphinxen (Nr. 791), die als Unica geiten.
Die figürliche Plastik, die im Kataiog bei jeder Manufaktur den Geschirren voran-
gesteiit ist, hat trotz der bescheidenen Zahi doch manche hervorragende Stücke
aufzuweisen: den auf einem Barockfauteuil thronenden König von Kaendler, der
nach dem mit Fleurs de Lis geschmückten Mantei wohl nur einen französischen
Monarchen darsteiien kann (Nr. 50); die sitzende Wiener Dame (Nr. 380), die zu
den sockeüos modeilierten Figuren aus den ersten Jahren der kaiserlichen Fabrik
gehört; das üppig bemaite Chinesenpaar (Nr. 707) von Ludwigsburg; die Serie von
zwöif Putten Franz Bustellis (Nr. 622—633). Johann Peter Meichior steht mit etwa
sechzig Höchster Figuren (Nr. 461—502), darunter manche Stücke bester Kiasse an
erster Stelie; dazu kommen noch seine Porträtmedaillons aus Biskuitporzellan von
Höchst, Frankenthal und Nymphenburg z. B. Nr. 503, 504,642, 648 und die schönen
reliefgeschmückten Vasen Nr. 571 und 601 ff.
Da die Stückzahl der Porzeiiansammlung v. Ostermann in das dritte Tausend
hineinreicht, erschien es zweckmäßig, sie in zwei Auktionsbestände zu zerlegen,
von denen der zweite in München zur Versteigerung kommen wird. Entsprechend
der Entstehung der Sammiung in Darmstadt und München sind die Geschirre aus
den süddeutschen Fabriken Höchst, Nymphenburg, Frankenthai besonders zahl-
reich; und da sich darunter vieie Serien gieichartiger oder ähnlicher Stücke befinden,
konnte das Materiai für die Münchner Auktion vorwiegend aus diesen für den
süddeutschen Markt wichtigen Abteiiungen gewähit werden.
Für die Mitarbeit an der Katalogisierung bin ich Fräuiein Lene Strauß in Mün-
chen zu aufrichtigem Dank verpfiichtet. OTTO v. FALKE.
 
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