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DIE Sammlung J.E. entstand im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, zu einer Zeit,
als das Sammeln noch nicht zur allgemeinen Mode gehörte und ein Anreiz für
raffinierte Fälscherkünste noch nicht gegeben war. Es finden sich in ihr nur ganz ein*
wandfreie Stücke, die ihr Besitzer aus reiner Freude an den Dingen, begabt mit dem
Spürsinn des echten Sammlers, überall auf seinen Reisen zusammengebracht hat. Den
Hauptbestand bilden Porzellanfiguren aus deutschen Manufakturen, vorwiegend Meißen,
sowie deutsche und böhmische Gläser des 18. Jahrhunderts.
Die Porzellanfiguren der Sammlung sind z. T. bei der Porzellanausstellung 1904 im
Berliner Kunstgewerbemuseum gezeigt und in den großen illustrierten Katalog „Europä*
isches Porzellan des 18. Jahrhunderts“ von Adolf Brüning u. a. (Verlag Georg Reimer,
Berlin 1904) aufgenommen worden. Unter ihnen verdienen besonders zwei bemalte
Meißener Leuchter (Nr. 71, 72) hervorgehoben zu werden. Als Modelleur dieser Licht*
träger kommt in erster Linie der Modellmeister Johann Gottlieb Kirchner in Frage,
der während der ersten Zeit seiner Tätigkeit in Meißen zwischen 1727 und 1728 nach dem
Ausweis der Akten Leuchter modelliert hat. Stilistisch stehen sie dem in mehreren
Exemplaren und Fragmenten erhaltenen Waschbrunnen mit muscheltragendem Atlanten
sehr nache, dessen Schöpfer Kirchner gewesen ist. Die Form der Leuchter, ein feuer*
speiender Drache, der sich um einen Baumstamm windet, auf einem von drei Elefanten*
köpfen gebildeten Fuß, ist offenbar angeregt durch japanische Bronzevorbilder. Nicht
viel später dürfte das Modell zu dem hockenden Pagoden (Nr. 73) entstanden sein. Der
größte Teil der Meißener Figuren geht auf K ä n d 1 e r zurück, der Rest auf E b e r 1 e i n ,
R e i n i c k e und Meyer. Das Modell zu dem großen Dudelsackbläser schuf Kändlcr
1741 nach einer vorgelegten Zeichnung. Den Stil seiner berühmten Komödien* und
Liebesgruppen um 1740—45 verkörpert die sitzende Dame mit Laute (Nr. 76), das
Fragment einer Gruppe. Aber auch die spätere Entwicklung Kändlers, seine erstaunliche
Anpassungsfähigkeit an den Rokokostil, läßt sich an den Stücken der Sammlung gut
verfolgen. Von Eber lein, dem älteren, bereits 1748 verstorbenen Mitarbeiter
Kändlers, stammen die drei großen Gruppen (Nr. 99, 100, 101) aus der Folge der Jahres*
Zeiten, ferner die Figuren des Gärtners und der Gärtnerin (Nr. 79, 80) in einer über*
raschend kühn in Grün und Blau bemalten Gewandung. Die kleine sitzende Hühner*
Verkäuferin ist eine seltene Figur von einem unbekannten Modelleur (Nr. 98).
 
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