Strömende, die farbige Qualität und die schimmernde Textur, nicht so sehr das Konstruktive,
Gemessene, Geregelte und Geprägte.
Wenn Herr von Nemes durch seine hellen, großartigen und unwohnlichen Münchner Räume
führte und mit liebenswürdig naivem Stolze seine Schätze zeigte, sparte er sich als die letzte
Sensation den Inhalt zweier Schränke auf und verweilte am längsten bei den Stoffen, den
Samten und Brokaten, die er mit schwungvollen Griffen den Schränken entriß und in der
Sonne funkeln ließ. Ohne viel Worte zu machen, mit Naturlauten übertrug er seine Begeiste-
rung auf empfängliche Gäste. In diesem Besitze fühlte er sich als souveräner Herrscher,
frei von der Sorge um Autorschaft, Meisternamen und Expertisen. Als Knabe, in Ungarn,
ehe daß er etwas von Tizian oder Greco erfahren hatte, griff er instinktiv nach schönfarbigen
Geweben. Von diesem Schatze, den er stetig bereicherte, haben die Stürme des Lebens ihm
nichts entreißen können. In diesem engen Bezirke kam er dazu, sein Ideal zu verwirklichen.
Ein Stück alten Samtes war für ihn absolute, von gedanklichen Beziehungen gelöste Schönheit.
Einen so veranlagten Kunstfreund fesselten Bildwerke zu allererst mit der Farbe, dem Spiele
des Lichtes auf der Oberfläche. Wenn unter den Skulpturen in seinem Nachlaß süddeutsche
Holzfiguren aus dem 15. und 16. Jahrhundert überwiegen, so haben die Gelegenheiten des
Münchner Kunsthandels ihm diese Dinge nahegebracht. Angezogen haben ihn die Figuren
und Gruppen mit der alten Vergoldung und dem fragmentarischen Zustand, in dem sie, dem
ursprünglichen Zusammenhang entrissen, seine Phantasie bewegten und anregten.
Indem ich den Katalog der Gemälde durchsehe, staune ich über die universelle Vielseitigkeit,
über eine historisch gerichtete Objektivität, die diesem impulsiven Enthusiasten nicht anzu-
stehen scheint.
Das italienische Trecento ist vertreten, das florentinische Quattrocento — mit so kostbaren
Tafeln wie die Werke von Fra Angelico. Altdeutsche Bildnisse fehlen nicht, dabei der Män-
nerkopf von Dürer, ein Gegenstand von äußerster Seltenheit, wie ein Porträt von Lucas Cra-
nach. Von den altniederländischen Bildern zieht die Aufmerksamkeit auf sich die Bewei-
nung Christi von Jan Provost. Rubens, dessen elementare Lebenskraft dem Temperamente
dieses Sammlers gemäß war, ist mit einem stattlichen Werke repräsentiert.
Die Holländer des 17. Jahrhunderts, die in den meisten Privatsammlungen quantitativ über-
wiegen, nehmen hier verhältnismäßig wenig Platz ein, da das Beschauliche, Umfriedete und
Bürgerliche Herrn v. Nemes nicht zu verführen vermochte. Immerhin finden wir einen vor-
trefflichen ,,Pieter de Hoogh“ und manches andere von den kleineren und mittleren Hollän-
dern. Von den Großen, von Frans Hals und Rembrandt etwas zu besitzen, ist diesem Samm-
ler stets Bedürfnis und beinahe Pflicht gewesen.
Über das imposante Werk von Rembrandt, den ,,Fabius Maximus“ hat man viel geschrie-
ben, seitdem es vor etwa 25 Jahren in einem britischen Landhause zum Vorschein gekommen
ist. Das Beste hat Schmidt-Degener gesagt. Dem Thema, der Aufgabe nach einzigartig unter
den erhaltenen Schöpfungen, überrascht dieses Gemälde selbst den, der mit Rembrandts
Kunst in allen ihren Wandlungen und Verzweigungen vertraut zu sein glaubt. Mit grandio-
sem Aufbau, mit Fülle und Dichtigkeit, dem reif gewordenen Helldunkel Pathos abgewin-
nend, hat der Meister das Heroische der römischen Historie ausgedrückt.
Die Gemälde in diesem Kataloge sind mit wissenschaftlichem Ernste beschrieben und „be-
stimmt“. Die schwerste Arbeit fiel dem italienischen Gelehrten Lionello Venturi zu, der die
Urteile, hin und wieder auch die Meinungsverschiedenheiten, in bezug auf die italienischen
Tafeln aufs sorgfältigste gebucht hat. Ungewohnte Malernamen werden laut neben bekann-
ten, mit deren Klange Ruhm und allgemein verbreitete Anschauung verbunden sind. Ehe-
mals waren es wenige, zumeist deutsche und italienische Autoritäten, die das Material ordne-
Gemessene, Geregelte und Geprägte.
Wenn Herr von Nemes durch seine hellen, großartigen und unwohnlichen Münchner Räume
führte und mit liebenswürdig naivem Stolze seine Schätze zeigte, sparte er sich als die letzte
Sensation den Inhalt zweier Schränke auf und verweilte am längsten bei den Stoffen, den
Samten und Brokaten, die er mit schwungvollen Griffen den Schränken entriß und in der
Sonne funkeln ließ. Ohne viel Worte zu machen, mit Naturlauten übertrug er seine Begeiste-
rung auf empfängliche Gäste. In diesem Besitze fühlte er sich als souveräner Herrscher,
frei von der Sorge um Autorschaft, Meisternamen und Expertisen. Als Knabe, in Ungarn,
ehe daß er etwas von Tizian oder Greco erfahren hatte, griff er instinktiv nach schönfarbigen
Geweben. Von diesem Schatze, den er stetig bereicherte, haben die Stürme des Lebens ihm
nichts entreißen können. In diesem engen Bezirke kam er dazu, sein Ideal zu verwirklichen.
Ein Stück alten Samtes war für ihn absolute, von gedanklichen Beziehungen gelöste Schönheit.
Einen so veranlagten Kunstfreund fesselten Bildwerke zu allererst mit der Farbe, dem Spiele
des Lichtes auf der Oberfläche. Wenn unter den Skulpturen in seinem Nachlaß süddeutsche
Holzfiguren aus dem 15. und 16. Jahrhundert überwiegen, so haben die Gelegenheiten des
Münchner Kunsthandels ihm diese Dinge nahegebracht. Angezogen haben ihn die Figuren
und Gruppen mit der alten Vergoldung und dem fragmentarischen Zustand, in dem sie, dem
ursprünglichen Zusammenhang entrissen, seine Phantasie bewegten und anregten.
Indem ich den Katalog der Gemälde durchsehe, staune ich über die universelle Vielseitigkeit,
über eine historisch gerichtete Objektivität, die diesem impulsiven Enthusiasten nicht anzu-
stehen scheint.
Das italienische Trecento ist vertreten, das florentinische Quattrocento — mit so kostbaren
Tafeln wie die Werke von Fra Angelico. Altdeutsche Bildnisse fehlen nicht, dabei der Män-
nerkopf von Dürer, ein Gegenstand von äußerster Seltenheit, wie ein Porträt von Lucas Cra-
nach. Von den altniederländischen Bildern zieht die Aufmerksamkeit auf sich die Bewei-
nung Christi von Jan Provost. Rubens, dessen elementare Lebenskraft dem Temperamente
dieses Sammlers gemäß war, ist mit einem stattlichen Werke repräsentiert.
Die Holländer des 17. Jahrhunderts, die in den meisten Privatsammlungen quantitativ über-
wiegen, nehmen hier verhältnismäßig wenig Platz ein, da das Beschauliche, Umfriedete und
Bürgerliche Herrn v. Nemes nicht zu verführen vermochte. Immerhin finden wir einen vor-
trefflichen ,,Pieter de Hoogh“ und manches andere von den kleineren und mittleren Hollän-
dern. Von den Großen, von Frans Hals und Rembrandt etwas zu besitzen, ist diesem Samm-
ler stets Bedürfnis und beinahe Pflicht gewesen.
Über das imposante Werk von Rembrandt, den ,,Fabius Maximus“ hat man viel geschrie-
ben, seitdem es vor etwa 25 Jahren in einem britischen Landhause zum Vorschein gekommen
ist. Das Beste hat Schmidt-Degener gesagt. Dem Thema, der Aufgabe nach einzigartig unter
den erhaltenen Schöpfungen, überrascht dieses Gemälde selbst den, der mit Rembrandts
Kunst in allen ihren Wandlungen und Verzweigungen vertraut zu sein glaubt. Mit grandio-
sem Aufbau, mit Fülle und Dichtigkeit, dem reif gewordenen Helldunkel Pathos abgewin-
nend, hat der Meister das Heroische der römischen Historie ausgedrückt.
Die Gemälde in diesem Kataloge sind mit wissenschaftlichem Ernste beschrieben und „be-
stimmt“. Die schwerste Arbeit fiel dem italienischen Gelehrten Lionello Venturi zu, der die
Urteile, hin und wieder auch die Meinungsverschiedenheiten, in bezug auf die italienischen
Tafeln aufs sorgfältigste gebucht hat. Ungewohnte Malernamen werden laut neben bekann-
ten, mit deren Klange Ruhm und allgemein verbreitete Anschauung verbunden sind. Ehe-
mals waren es wenige, zumeist deutsche und italienische Autoritäten, die das Material ordne-