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Chłe̜dowski, Kazimierz
Rom (Band 2): Die Menschen des Barock — München, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.42834#0502
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4^2 ROM
das Antlitz des Menschen, der ganz Rom umgebaut und verschönert
hatte, noch einmal zu sehen.
In den Fussboden der Basilika wurde ein Stein mit der Inschrift
eingelassen: Nobilis familia Bernini
hic
Resucrectionem exspectat.
Bernini hatte sich ein prunkvolles Begräbnis verbeten, dafür liess er
1000 Messen für seine Seele lesen; über sein Vermögen, das einige
Millionen betrug, hat er sehr eingehende Verfügungen getroffen. Im
Atelier und in der Wohnung gab es viel Kunstwerke. Bernini hat
nichts vergessen, und van Dycks Porträt des Königs von England u. a.
seinem Bruder Luigi vermacht. Mit seiner Frau, die 1673 gestorben
war, stritt er noch in seinem Testament um ein unbedeutendes Legat.
Signora Bernini hatte ihrer ältesten Tochter Angelica 85oo Skudi mehr
vermacht, als ihr ihrer Mitgift nach zustanden. Der Alte ärgerte sich
darüber, da er fand, dass mit diesem Beschluss den anderen Kindern
Unrecht geschehen sei und zahlte der Tochter den ausgesetzten Betrag
nicht aus. Aus Furcht, Angelica könne nach seinem Tode auf gericht-
lichem Wege ihr Recht suchen, vermachte er ihr eine Rente von sechs
Skudi monatlich, liess ihr aber das Kapital nicht aushändigen. Er
wollte seiner Fraumicht recht gehen.
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X.
Der Künstler hatte sich seit jenen Tagen, wo er sich in Urbans VIII.
Schlafzimmer nützlich machte, sehr verändert. Erfolg und Vermögen
hatten sein Selbstbewusstsein erhöht, er verstand es, jedem die Stirn zu
bieten, der ihm zu nahe trat. Bis in sein hohes Alter hat er sich eine uner-
hörte geistige Regsamkeit bewahrt, sein Gedächtnis verliess ihn nicht, und
er hat im Leben so viel Anekdoten, Sentenzen und Vergleiche gesam-
melt, dass er bei jeder Gelegenheit etwas Amüsantes, wenn auch nicht
immer Liebenswürdiges zu sagen wusste. Als ihn Ludwigs XIV. Hof-
damen einmal fragten, worin sich die Französinnen von den Italiener-
innen unterscheiden, gab er zur Antwort, beide seien sehr reizvoll, aber
in den Adern der Italienerinnen fliesse Blut, in den schönen Körpern
der Französinnen nur Milch. Die Bildnisse des alten Bernini, nament-
lich ein Porträt, das sich in der Nationalgalerie zu Rom befindet, zeigen
so feurige schwarze Augen, dass man der grauen Haare des berühmten
Mannes vollkommen vergisst.
 
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