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III. Kapitel
Petrarca bemühte sich, diese „terra crudele“ sobald als möglich
wieder zu verlassen, doch benützte er noch seine freien Tage zu
einem Ausflug nach dem berühmten Gestade zwischen Puzzuoli und
Cumä. Seine Reisegefährten sagten ihm, er dürfe Puzzuoli nicht
verlassen, ohne die wegen ihrer unvergleichlichen Körperkraft allent-
halben berühmte Fischerin Maria gesehen zu haben. Man brachte
die Riesin herbei; mit Leichtigkeit schleuderte sie ein Felsenstück
eine ansehnliche Strecke weit und bat dann Petrarca und seine Ge-
fährten, ihrem Reispiel zu folgen. Keiner der Anwesenden vermochte
indessen auch nur den Rlock zu heben, und beschämt mußten die
Männer das Feld räumen.
Der Dichter vermerkt noch eine andere Erfahrung, die er von
seinem Ausflug nach Cumä mitgebracht und die ihm die Ungerech-
tigkeit des Schicksals, das anläßlich des letzten Erdbebens nur Ver-
brecher schonte, zu widerlegen scheint. In Tritoli bei Miseno gab
es seit unvordenklichen Zeiten Heilquellen, die sich hei jeglicher
Erkrankung so wirksam erwiesen, daß die wohlhabenden Schichten
aus Neapel und aus ganz Unteritalien dahin reisten. Diese Quellen
waren den Ärzten der Salerner Schule ein Dorn im Auge, da die
Kranken, im festen Glauben an die Wunderkraft der Wässer von
Tritoli, die Salerner Arzte immer seltener zu Rate zogen. Da machten
sich eines Tages etliche Mitglieder des Doktorenkollegiums gegen
Tritoli auf und zerstörten die Quellen, die eine so gefährliche Kon-
kurrenz für sie bildeten. Diesmal war die Vorsehung aber gerechter
als zur Zeit des Erdbebens; auf ihrer Heimfahrt kamen die Ärzte
in einen furchtbaren Seesturm, ihr Schiff zerschellte und alle fanden
den Tod in den Wellen.
Petrarcas Aufenthalt in Neapel wurde auch durch sein klöster-
liches Absteigequartier unangenehm beeinflußt, denn er sah sich ge-
nötigt, des Abends zeitig nach Hause zu gehen. Übrigens war nachts
der Aufenthalt auf den Straßen so gefährlich „wie im Urwald“.
Die jungen Patrizier gingen stets bewaffnet aus, da das Brigantenun-
wesen sogar in den inneren Stadtteilen mächtig um sich gegriffen
hatte. Es genügt die Tatsache, daß zu jener Zeit selbst die Kö-
nigin zweimal beraubt wurde, und zwar stahlen die kühnen Diebe
ihr silbernes Tafelgerät. Das einemal überfielen sie die Hofdiener-
schaft mitten auf dem Platze S. Angelo a segno, als diese die kost-
bare, auf Maultieren verladene Last geleitete, ein zweites Mal auf
 
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