Johanna von Aragonien 23g
Eine Familienangelegenheit bot den ersten Anlaß zum Unfrieden;
ein päpstlicher Nepote bewarb sich um Giovannas Tochter und
wurde von ersterer abgewiesen. Die Carafa, die ein ebenso ange-
sehenes Geschlecht als die Colonna waren, schäumten vor Wut und
der jähzornige, von seinen Nepoten aufgestachelte Papst war sogleich
zur Rache bereit. Den Anlaß zu einem offenen Vorgehen des aposto-
lichen Stuhles gegen die Colonna von Paliano bot deren Sympathie
für Spanien. Paul IV. hatte beschlossen, die spanische Macht in
Italien zu vernichten und sich zu diesem Zwecke mit Frankreich
verbunden; die Colonna sollten das erste Opfer dieser politischen
und persönlichen Bestrebungen werden. Im Frühjahr 1556 begann
der Papst den Kampf gegen das Fürstenhaus von Paliano, indem
er die Einziehung von Marc-Antonios sämtlichen Besitzungen ver-
kündete. Unter seines Nepoten, des Grafen von Montoräo, Führung,
sandte der Papst eine ansehnliche Streitmacht gegen Paliano, das
sich nicht lange zu halten vermochte. Montorio zerstörte die Festung,
besetzte alle Fiegenschaften der Colonna und Marc-Antonio floh
nach Neapel. Paul IV. verlieh Paliano samt dem Fürstentitel seinem
Neffen Giovanni, Grafen von Montorio, während er seinen Sohn mit
Cave und der Würde eines Marchese belehnte.
Montorio hatte Paliano so rasch in Besitz genommen, daß Giovanna
von Aragonien nicht mehr Zeit fand, mit ihren Töchtern Girolama
und Agnesa, sowie Marc-Antonios Gattin Felicia Orsini und deren
Töchterchen Giovanna aus ihrem Palast in Rom zu fliehen. Der
Papst ließ den Palazzo Colonna von Wachen umstellen, verwehrte der
Duchessa und ihrer Familie die Abreise aus Rom, ja schlimmer
noch als dies, er verbot Giovanna, ihre Tochter zu verheiraten und
verschärfte diesen Befehl noch mit Androhung der Exkommunikation
des etwaigen Bräutigams. Paul IV. begründete dies Verbot mit einem
angeblichen Wunsche des zur Zeit in Neapel eingekerkerten Ascanio
Colonna.
Das Vorgehen des Papstes versetzte Giovanna in große Bestürzung
und in traurigster Stimmung begab sie sich am 28. Dezember 1556
zur Frühmesse nach der Schloßkapelle. Als sie in ihrem Stuhl Platz
nahm, verlas der Priester eben den Abschnitt aus dem Evangelium
Matthäi, der von dem Traume des heil. Joseph erzählt, da ein Engel
ihm erschien und ihn aufforderte, mit Maria und dem Jesuskinde
nach Ägypten zu fliehen, weil Plerodes dem Kinde nach dem Feben
Eine Familienangelegenheit bot den ersten Anlaß zum Unfrieden;
ein päpstlicher Nepote bewarb sich um Giovannas Tochter und
wurde von ersterer abgewiesen. Die Carafa, die ein ebenso ange-
sehenes Geschlecht als die Colonna waren, schäumten vor Wut und
der jähzornige, von seinen Nepoten aufgestachelte Papst war sogleich
zur Rache bereit. Den Anlaß zu einem offenen Vorgehen des aposto-
lichen Stuhles gegen die Colonna von Paliano bot deren Sympathie
für Spanien. Paul IV. hatte beschlossen, die spanische Macht in
Italien zu vernichten und sich zu diesem Zwecke mit Frankreich
verbunden; die Colonna sollten das erste Opfer dieser politischen
und persönlichen Bestrebungen werden. Im Frühjahr 1556 begann
der Papst den Kampf gegen das Fürstenhaus von Paliano, indem
er die Einziehung von Marc-Antonios sämtlichen Besitzungen ver-
kündete. Unter seines Nepoten, des Grafen von Montoräo, Führung,
sandte der Papst eine ansehnliche Streitmacht gegen Paliano, das
sich nicht lange zu halten vermochte. Montorio zerstörte die Festung,
besetzte alle Fiegenschaften der Colonna und Marc-Antonio floh
nach Neapel. Paul IV. verlieh Paliano samt dem Fürstentitel seinem
Neffen Giovanni, Grafen von Montorio, während er seinen Sohn mit
Cave und der Würde eines Marchese belehnte.
Montorio hatte Paliano so rasch in Besitz genommen, daß Giovanna
von Aragonien nicht mehr Zeit fand, mit ihren Töchtern Girolama
und Agnesa, sowie Marc-Antonios Gattin Felicia Orsini und deren
Töchterchen Giovanna aus ihrem Palast in Rom zu fliehen. Der
Papst ließ den Palazzo Colonna von Wachen umstellen, verwehrte der
Duchessa und ihrer Familie die Abreise aus Rom, ja schlimmer
noch als dies, er verbot Giovanna, ihre Tochter zu verheiraten und
verschärfte diesen Befehl noch mit Androhung der Exkommunikation
des etwaigen Bräutigams. Paul IV. begründete dies Verbot mit einem
angeblichen Wunsche des zur Zeit in Neapel eingekerkerten Ascanio
Colonna.
Das Vorgehen des Papstes versetzte Giovanna in große Bestürzung
und in traurigster Stimmung begab sie sich am 28. Dezember 1556
zur Frühmesse nach der Schloßkapelle. Als sie in ihrem Stuhl Platz
nahm, verlas der Priester eben den Abschnitt aus dem Evangelium
Matthäi, der von dem Traume des heil. Joseph erzählt, da ein Engel
ihm erschien und ihn aufforderte, mit Maria und dem Jesuskinde
nach Ägypten zu fliehen, weil Plerodes dem Kinde nach dem Feben