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Robert der Weise

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machte Scipio zum Haupthelden seiner Dichtung, die er auf Livius,
dem er nur stellenweise selbsterdichtete Episoden beifügt, auf-
haute.
Petrarca wollte niemand den Anfang seines Gedichtes vorlesen,
doch machte er aus der Tatsache, daß er an einem großen Werk
aus der römischen Vergangenheit arbeite, kein Hehl und die Kunde
davon verbreitete sich rasch in der italienischen und sogar in der
Pariser Gelehrtenwelt. Die Vollendung des Epos erforderte viel
Zeit, ja die Arbeit ganzer Jahre und Petrarca wollte je eher je
lieber die Früchte seines Ruhmes genießen, denn er sehnte sich
darnach, seine Stirn mit dem Lorbeerkranz umwunden zu sehen.
Als getreuer Sohn seines Mutterlandes und als leidenschaftlicher
ßewunderer des römischen Altertums, wünschte er, dem alten
Brauche gemäß, in Rom zum Dichter gekrönt zu werden. Da nun
Robert von Neapel gewissermaßen als Vertreter der damaligen
italienischen Gelehrtenwelt angesehen werden mußte, war es Petrarca
zunächst darum zu tun, sich der Zustimmung des Königs zu diesem
Akte und seines Protektorates für die Feierlichkeiten, zu versichern.
Petrarca besaß in Neapel einen Freund, den Pater Augustin Dio-
nigi da San Sepelcro, der über großen Einfluß am Königshofe ver-
fügte; diesen wählte er zum Mittelmann, damit der König ihn
einer so hohen Auszeichnung würdig erachte. Die Sache war nicht
schwer, denn auch die Eitelkeit des Königs wurde dadurch ge-
schmeichelt, daß die Zuerkennung des Lorbeerkranzes an den
größten zeitgenössischen Dichter Italiens von seinem Urteil abhängig
gemacht wurde.
Zugleich strengte sich Petrarca auch durch seinen Freund, den
römischen Senator Orso d’Anquillera, an, eine förmliche Einladung
des Senates der ewigen Stadt zur Dichterkrönung zu erhalten. Um
der Sache jedoch einen noch größeren Nachdruck zu verleihen, be-
mühte sich gleichzeitig ein anderer Freund Petrarcas, der Floren-
tiner Robert dei Bardi, damals Dekan der Pariser Universität, den
Dichter zur Annahme des Lorbeerkranzes dieses Instituts zu be-
wegen.
Anscheinend hatte Petrarca aber beschlossen Rom, wo auf dem
Kapitol die größten Dichter gekrönt worden waren, den Vorrang
zu lassen.
Im Februar 1341 bestieg er in Marseille ein Schiff und landete
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