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Christlein, Rainer; Hundt, Hans-Jürgen; Hopf, Maria; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Das alamannische Reihengräberfeld von Marktoberdorf im Allgäu — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 21: Kallmünz/​Opf.: Verlag von Michael Lassleben, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.70653#0086
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land die analogen Wadenbindenriemenzungen
aus Eisen 223. Im württembergischen Neckar-
gebiet fand dagegen in der Hauptsache Bronze-
gußtechnik für Wadenbinden Verwendung. Ge-
gossene Wadenbinden streuen vereinzelt bis
nach Bayerisch-Schwaben. Grab 216 in Markt-
oberdorf (Taf. 69,1—6) enthielt ein Paar mas-
siv gegossener Bronzeriemenzungen mit verwa-
schener Stil II-Verzierung im Mittelfeld. Wa-
denbindenriemenzungen aus Grab 102 von Min-
delheim entstammen der gleichen Gußform 224.
Die zugehörigen Quadratbeschläge (Taf. 57,
18. 20) sind durchbrochen gegossen und mit Sil-
berblech hinterlegt. Dieses Silberblech trug eine
Preßmodelverzierung, der als Matrize das Mit-
telfeld der Bronzeriemenzungen diente. Die Ab-
pressung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die
Riemenzungen selbst noch nicht endgültig über-
arbeitet waren; so fehlt den Silberblechen die
Perlung des Randsaumes. Die an seiner Stelle
am Rohguß vorhandene plastische Leiste wurde
in Marktoberdorf durch einfache Kreispunzen,

in Mindelheim durch Querstrichelung nachbe-
arbeitet.
Mindelheim Grab 102, Marktoberdorf Grab 215
und 216 sind gleichzeitig; sie gehören voll in
die Schicht 3 der Männergräber. Datierend ist
neben der Perlenkette aus Grab 216 vor allem
die Lage im Gräberfeld. Älter müssen die Preß-
blechwadenbinden aus Grab 18 und dadurch auch
Grab 193 sein; man wird sie wohl noch mit
Schicht 2 der Männergräber parallelisieren dür-
fen. Vor allem Grab 18 hebt sich durch Perlen-
kette und Ohrringe deutlich von dem jüngeren
Gräberpaar 215/216 ab. Näher am Friedhofs-
zentrum liegen die Gräber 71 und 91; ihre Wa-
denbindengarnituren werden daher wohl noch
eine Stufe älter sein. Die Männergräber in ihrer
Umgebung (Grab 11, 67, 69 und 92) gehören
ans Ende der Schicht 1 oder in den Beginn von
Schicht 2. Mit der Gründergeneration lassen
sich jedoch nur die kleinen Wadenbinden-
schnällchen des Grabes 106 verbinden.

SCHUHSCHNALLEN

Die beiden einzigen vollständigen Schuhschnal-
lengarnituren stammen aus den Gräbern 18
und 26. Bei der Bronzegarnitur aus Grab 18
(Taf. 6,9—10) ließ sich der funktionelle Zu-
sammenhang der Einzelteile noch erkennen: die
Schnallen mit ihren triangulären Beschlägen
waren an den Außenseiten der Füße angebracht
und wiesen mit dem Schnallendorn nach innen.
Ähnlich verteilt wird man sich die eisernen sil-
bertauschierten Einzelteile der Garnitur aus
Grab 26 (Taf. 9,9—14) vorzustellen haben.
Tauschierte Schuhschnallengarnituren sind in
der Regel gut an Werkstätten anzuschließen,
von denen Saxgarnituren bekannt sind, und in

ihrer charakteristischen Ausprägung auch erst
von einer frühen Schicht 2 an nachweisbar 225.
Grab 26 fällt nach Aussage seiner Gräberfeld-
lage bereits in Schicht 3. Seine Schuhschnallen
scheinen jedoch noch aus einer Werkstatt zu
stammen, die gewöhnlich dreiteilige Saxgarni-
turen herstellte. Die gleiche Herkunft kann
auch das Beschläg einer Schuhgarnitur nicht
verleugnen, das in Grab 16 sekundär auf dem
Gürtelgehänge aufgenäht war (Taf. 5,11 und
Taf. 70, 3). Die Lage des Grabes bestätigt die
stilistische Zuweisung zur Schicht 2 der Männer-
gräber.

223) Die Gruppe kann hier nicht in extenso behandelt werden; es seien nur die Fundpunkte der Karte Abb.
25 aufgezählt: Linz-Zizlau Gr. 78 und 135. — Feldkirchen, Ldkr. Laufen, Gr. 16. — Wallersdorf, Ldkr.
Landau/Isar. — Pliening, Ldkr. Ebersberg. — Bad Reichenhall Gr. 247. — Niederding, Ldkr. Erding. —
Pulling, Ldkr. Freising. — München-Kirchtrudering Gr. 15. — München-Giesing Gr. 21 und 66. — Mün-
chen-Sendling. — Mühltal, Gern. Straßlach, Ldkr.Wolfratshausen (mehrere Gräber). — Oberammergau,
Ldkr. Garmisch-Partenkirchen, Gr. 10. Alle Eisenwadenbinden scheinen tauschiert gewesen zu sein.
224) J. Werner, Mindelheim Taf. 20.
225) Früh sind Garnituren von Holzgerlingen Gr. 259 (W. Veeck, Fundber. aus Schwaben NF. 3, 1926, Taf.
30,3) und Kaiseraugst Gr. 782 (Viollier, Anz. Schweiz. Altkde. NF. 13, 1911, Abb. S. 223). Zu tauschier-
ten Schuhschnallengarnituren allgemein J. Werner, Bülach 50.

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