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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0080
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62

BÜCHERSCHAU

Als dritte Neuerscheinung des Verlags „Ars
sacra“ sei das Büchlein von Abt Bonifaz W ö h r-
müller O.S.B., Frohe Botschaft, ein
Büchlein vom guten Willen, genannt. (8 °, 35 S.
und 8 Bilder in Kupfertiefdruck, M. 1.25). Der
Inhalt bringt die Frohbotschaft von den „Er-
lösten“ in einer kirchlich einwandfreien, seelisch
erhebenden Darstellung. Acht Bilder nach Geb-
hard Fugei bereichern das schön ausgestattete
Werk.
Der Sankt Augustinusverlag, Berlin,
legt vor als ersten Band der zweiten .Reihe der
franziskanischen Lebenswerte den ersten Teil
„des Bruders Johannes de Caulibus
Betrachtungen vom Leben Jesu
Christ i“, verdeutscht von P. Vincenz Rock
O.F.M. (222 S. mit Holzschnitten im Text). Be-
kannter ist das Büchlein unter dem Titel „die Be-
trachtungen des Pseudo-Bonaventur a“.
Die verdeutschte Ausgabe soll in erster Linie den
dritten Ordensmitgliedern diese innigen und
herrlichen, mittelalterlich naiv gläubigen Medi-
tationen in einer bisher nicht deutsch vorliegen-
den Ausgabe bieten. Aber es erweckt auch
noch in anderer Hinsicht höchstes Interesse für
die ikonographische Forschung. Henry Thode
und neuerdings E. Male haben auf die Bedeu-
tung dieses Buches hingewiesen, und der
Herausgeber schließt sich der Meinung Males an,
daß die liebevollen Detailmalereien dieser Be-
trachtungen, die um 1300 von Johannes de Cau-
libus in San Geminiano niedergeschrieben wur-
den, direkt auf die Gestaltung einer Reihe
spätmittelalterlicher Bildertypen wie Christi Ge-
burt, Leiden Christi eingewirkt habe, ja das
„Vesperbild“ erst geschaffen habe. Künstle
tritt in seiner soeben neuerschienenen Ikono-
graphie dieser Ansicht entgegen und zeigt mei-
ner Ansicht mit Recht, daß sowohl die litera-
rischen wie monumentalen Darstellungen aus
der religiös-mystischen Grundauffassung des
13. Jahrhunderts als Parallelerscheinungen er-
wachsen und niemals eine einzelne theologisch-
religiöse Schrift die Möglichkeit hatte, direkt
Kunstwerke zu prägen. Auf alle Fälle ist das
Buch neben seinem eigenen religiösen Wert als
Sinndeutung für mittelalterliche Bildauslegung
jedem Interessenten dringend zu empfehlen. Die
beigegebenen Holzschnitte sind nach Vorlagen
des 16. Jahrhunderts gemacht und passen des-
halb in gar keiner Weise zu der geistigen Auf-
fassung des Textes. Man hätte hier die Bilder
von Giotto und seinen Zeitgenossen heranziehen
müssen.
Ebensowenig Verständnis für das Bild zeigt
das Büchlein „Die lauretanische Lita-
n e i“, in Bildern von alten Meistern und mit
liturgischen Texten von Franz Baltin (8°,
146 S„ geb. M. 7.50, Verlag Josef Kösel und
Friedrich Pustet, München, 1928). Die Grund-
idee ausgezeichnet: Ein Vers der lauretanischen
Litanei als Leitgedanke, auf der einen Seite ent-
sprechende liturgische Betrachtungen, auf der
anderen Seite ein Bild. Nun nimmt man an, dies
Bild müßte auch entsprechend sein, es soll doch
den Text durch die optische Anschauung ver-
deutlichen und vertiefen. Aber nein, z. B. man
setzt bei „Gott heiliger Geist“: Cranachs Ruhe
auf der Flucht; bei „Du Heil der Kranken“: die
Flucht nach Ägypten von Fra Angelico; bei
„Du Morgenstern“: eine Maria mit Jesus und
Johannes von Luini; bei „Du elfenbeinerner

Turm“; die Darstellung im Tempel von Hol-
bein, bei fast allen andern irgendein be-
liebiges Muttergottesbild! Außerdem die Bild-
wiedergabe selbst. Es sind auf minimalste
Größe verkleinerte Farbklischees von Altarbildern,
zumeist größten Monumentalformates (Rubens
Himmelfahrt usw.). Man kann sich denken, wie-
viel diese Bildchen geben können; manche sind
nur Farbfleckchen ohne Inhalt. Ein Verlag wie
Kösel-Pustet sollte von rein geschäftlicher Aus-
nützung übernommenen schwer brauchbaren Mate-
rials (Theatinerverlag) im Interesse seines Ansehens
absehen. Solche Bücher sind auch nur „Pracht-
werke“ im alten Übeln Sinn. Die Idee einer
illustrierten „lauretanischen Litanei“ — sie ist,
soweit ich mich erinnere, in den Augsburger
Gebetbuchbildern des 18. Jahrhunderts schon
mehrfach durchgeführt — ist mit dieser Ausgabe
nicht gelöst, sie bleibt als eine sehr schöne Aufgabe
eines modernen, illustrativ begabten und religiös
empfindsamen Künstlers.
Ein in der Anlage und der geistigen Ein-
stellung angenehm aus der Menge der üblichen
Gebetbücher herausfallendes Werkchen ist
„K eich und Kron e“, Gebetbüchlein als Be-
gleiter durch das Leben von Dr. Johannes J a n n.
(16 ”, 208 S„ mit vielen teils farbigen Bildern,
Gesellschaft für christliche Kunst, Kunstverlag
München, 1928, geb. M. 3.75). Als Grundidee
liegt Christus — König und das Kirchenjahr zu-
grunde, der sich die Bilder meist nach lebenden
Münchner Künstlern gut einordnen.
Peter Dörflers frühestes Heimatbuch „Als
Mutter noch lebte“ liegt anläßlich seines
50. Geburtstages in einer illustrierten Ausgabe
als 53. und 54. Tausend vor. (VI und 276 S.,
Freiburg i. Br., 1928, Herder, geb. M. 12.—).
Es muß dem Verlag hoch angerechnet werden,
daß er das Buch nicht in der üblichen sentimen-
talen Art illustrieren ließ, die glaubt, durch
naturalistische und banale Zeichnungen das poe-
tische Verständnis „verbösern“ zu können. Im
Gegenteil, man hat die herbe, epigrammatisch
zugespitzte Kunst Ruth Schaumanns
herangezogen, die in 15 getönten Holzschnitten
die Grundidee eines jeden Kapitels in kongeni-
aler Art zusammenfaßt. Gewiß keine „Illustra-
tionen“, die realistisch Haus, Dorf, Kirche, Mutter
photographieren, sondern Kunstwerke gleicher
Melodie und gleichen Rhythmus. Die Kunst
Schaumanns kommt von ihrer stärksten Seite:
Einfachheit, Innigkeit, dichterische Kraft in
dieser würdigen Gedächtnisausgabe zum Aus-
druck.
Die dichterische und darstellerische Kunst
Ruth Schaumanns hat einen neuen Ge-
dichtband der Künstlerin: „Die Rose“ gestaltet.
(8 °, 55 S„ mit 24 Holzschnitten, geb. M. 5.—,
handkolorierte Ausgabe M. 10.—, Verlag Josef
Kösel und Friedr. Pustet, München.) Kind,
Mutter, Religion, Leben und Sterben weben den
Geist dieser tiefen und wertvollen Dichtergabe.
Es sind die ersten Gaben ihrer Holzschneide-
kunst, primitiver noch in der Linienführung als
im vorigen Band, der erst nachher entstanden.
Beide Bände mögen vielleicht manche ablehnen
für das „Volk“, sowie es heute im Künstlerischen
verdorben ist. Wer aber alte deutsche Volks-
kunst versteht und schätzt, wird gerade in diesen
Illustrationen wirklich reine Volksanschauung
quellen, fühlen und seine herzliche Freude an
ihnen haben.
 
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