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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 10.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.7145#0048
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— 188 —

erklärte ſeinem Vater, daß es bereit ſei, es von jenem Augen-
blicke an zur Erlöſung der Menſchen zu tragen. — Das iſt
der Gedanke, den unter anderen der Maler H. Heß in dem
bekannten Bilde ,,die Chriſtnacht'' trefflich dargeſtellt hat.
An dieſer Stelle, wo wir von der chriſtlichen Bildnerei
ſprechen, müſſen wir auch unſerer heutigen Krippen gedenken,
wollen aber zuvor noch mit einigen Worten an das Urbild
dieſer Krippen, an die wahre Krippe des Herrn erinnern.
Die Krippe, in welcher der neugeborene Heiland der Welt zu-
erſt gelegen, wurde ſchon in den früheſten Zeiten zu Bethlehem,
wo man ſie aufbewahrte, von den Gläubigen andächtig verehrt;
wir wiſſen, daß im 4. Jahrhundert der hl. Hieronymus und
deſſen Schülerin, die hl. Paula, ſie dort mit Andacht beſuchten.
Später im 7. Jahrhundert wurde die Krippe ſammt einigen
Steinen aus dem Felſen der Höhle zu Bethlehem nach Rom
gebracht und dort in der liberianiſchen Baſilika S. Maria
Maggiore als koſtbare Reliquie bis auf den hentigen Tag auf-
bewahrt. Dieſe Baſilika heißt daher auch ,,Sancta Maria ad
prasope', die Kirche ,, Unſerer lieben Frau zur Krippe''. Das
Heiligthum iſt von Holz, aber gegenwärtig von einem ſilbernen,
mit Edelſteinen gezierten Gehäuſe umſchloſſen. Während es
ſich das Jahr über in einer prächtvollen unterirdiſchen Kapelle
der genannten Kirche befindet, wird es in den Weihnachtstagen
zur öffentlichen Verehrung der Gläubigen ausgeſtellt, und zwar
vom Vorabend des hohen Feſtes an. Alsdann wird dort nem-
lich die Vigilie feierlich begangen. Nachdem der Papſt auf
einem Thronſeſſel im Hintergrunde des Chores zuerſt der Ab-
ſingung der Matutin und Laudes beigewohnt hat, wird nach
Beendigung derſelben die Krippe des Welterlöſers in feierlicher
Proceſſion aus der Kapelle auf den Altar getragen. Und nun
hält der hl. Vater vor der Krippe ein feierliches Hochamt, wie
einſt in den Zeiten der Chriſtenverfolgung in nächtlicher Stunde,
etwa gegen 12 Uhr Abends: eine erhebende Feier! Und auf
das Wort des Papſtes ſteigt wiederum wie vor 1800 Jahren
der Sohn Gottes auf die Erde herab, um in der Nähe ſeiner
Krippe zu ruhen auf dem Altare, der auch eine Krippe für den
Heiland iſt.
Gehen wir jetzt zu den Krippen in unſern Kirchen
die an die wahre Krippe in der Hütte zu Bethlehem erinnern
ſollen. Die liebliche Sitte, am Weihnachtsabend Abbildungen
der Krippe in den Gotteshäuſern aufzuſtellen, ſoll ſich vom hl.
Franziskus von Aſſiſi herſchreiben; in ſeinem Leben namentlich
wird uns vom hl. Bonaventura das erſte Beiſpiel einer ſolchen
Krippenaufſtellung erzählt. Es war im Jahre 1223, drei Jahre
vor dem Tode des hl. Franciscus, als derſelbe einige Tage vor
Weihnachten einen frommen Mann, Johannes mit Namen, zu
ſich kommen ließ und zuͤ ihm ſagte: ,,Willſt du, daß wir die
Geburt des Herrn bei dir feiern, ſo gehe voraus auf das Feld
und thue alles, wie ich es dir ſagen werde.'' Und nach der
Vorſchrift des ſeraphiſchen Vaters errichtete er mitten im Felde
im friedlichen Thale des Caſtelles Greceia eine Hütte und ſtellte
in derſelben in Bildern alles ſo dar, wie es im Stalle in
Bethlehem geweſen war: das Kindlein in der Krippe und um
die Krippe herum die Mutter des Heilandes und Sanct Joſeph
und die Hirten des Feldes, und zu beiden Seiten Ochs und
Eſel nach den ſchon oben erwähnten Stellen des alten Teſta-
mentes. Auf dieſe Weiſe war alles ſo eingerichtet, daß jeder,
der es ſah, ſofort an die Hütte zu Bethlehem erinnert wurde
und ſich gleichſam an die Geburtsſtätte des Erlöſers verſetzt
glaubte. Jn der hl. Chriſtnacht war die Hütte von zahlreichen
Lichtern erhellt. (Org.f. chr. K.) (Schluß f.)

tadeln, womit er die hl. Maria als Wöchnerin im Bett, das
Kind in den Armen, darſtellt. Eine ſolche Situation iſt für
die bildliche Darſtellung unſchicklich; zudem widerſpricht ſie in
dieſem Falle der hl. Schrift, welche uns erzählt, wie die aller-
ſeligſte Jungfrau ihr göttliches Kind in Windeln gewickelt und
in eine Krippe gelegt habe, und mit Recht nimmt die Tradi-
tion an, daß die armſelige Hütte kein anderes Lager als die
harte Krippe darbot. Ueberdies iſt es ja in der Kirche eine
fromme Meinung, daß der allzeit jungfräuliche Leib Mariä auch
bei der Geburt des Heilandes in jeder Hinſicht gänzlich unver-
letzt blieb, daß ſie alſo auch von dieſer Folge der Erbſünde,
den Leiden der Mutterſchaft, allſeitig befreit worden ſei. Ein
anderes Altargemälde iſt die berühmte Erſcheinung des dem
Namen nach unbekannten liesborner Meiſters aus dem 15.
Jahrhundert, ein großes und vortreffliches Werk, das im An-
fang unſeres Jahrhunderts, 1807, ſchändlich verſchleudert wurde
und in einzelnen zerſchnittenen Stücken in Privatbeſitz überging.
Das Hauptbild der Mittelfläche, welches den Gekreuzigten dar-
ſtellte, deſſen Blut von vier ſchwebenden Engeln in goldenen
Kelchen aufgefangen wurde, hatte zu jeder Seite vier kleinere
Seitenbilder, welche Scenen aus der Kindheit Jeſu und Er-
eigniſſe nach ſeinem Tode vorführten, und zwar unter jenen
neben den hl. drei Königen auch die Geburt Chriſti. Durch
alle dieſe Darſtellungen, die auf Goldgrund gemalt ſind, ,,weht
ein Hauch von Milde, Anmuth und göttlicher Ruhe, der eben
ſo ſcharf mit dem aufgeregten, fehdenerfüllten Sinne des da-
maligen Welttreibens contraſtirt, wie er im Einklange ſteht mit
dem ſtill friedlichen, klöſterlichen Aſyl und ſeiner in ſich ge-
kehrten Frömmigkeit. Nirgends verletzt uns ein Ton, eine Ge-
berde, ein Motiv, das eine Disharmonie in dieſen ſchönſten
Gottesfrieden einer kindlich frommen Seele brächte; alle Affecte
zeigen ſich wie verklärt, wie geläutert, mehr faſt durch das
Medium eines ethiſchen als eines künſtleriſchen Proceſſes; ja,
ſelbſt die Farben ſcheinen in lichtem Glanze die Schwere und
Undurchſichtigkeit des irdiſchen Farbſtoffes abgeſtreift zu haben.
Kurz, dieſe unvergleichlichen Gemälde können wir uns nur durch
die Exiſtenz einer ebenſo mit ſeltener künſtleriſcher Befähigung
wie mit hohem ſittlichem Adel begabten Natur erklären.'' So
urtheilt Lübke über das Ganze, und damit auch über den in
Rede ſtehenden Theil desſelben. Um auch noch einige Schnitz-
werke in Holz zu erwähnen, ſo finden ſich in Weſtfalen, z. B.
in der Nicolaikirche zu Bilefeld, in der Pfarrkirche zu Haltern
und in dem bei Dortmund gelegenen Schwerte Altäre mit ge-
ſchnitzten Darſtellungen aus der Hütte zu Bethlehem.
Einige Künſtler haben recht ſinnvoll das Chriſtkindlein in
der Krippe mit ſeiuen Leidenswerkzeugen dargeſtellt und hiedurch
darauf hingedeutet, daß Chriſti Leiden ſchon in der Hütte zu
Bethlehem begann, daß er dort nicht blos die Härte des Lagers
und die Kälte erduldete, ſondern auch alle Martern und Peinen
ſeines Erdenlebens klar vor Augen hatte und dieſelben ſchon
hier bereitwillig übernahm. Martin von Kochem erzählt in
ſeinem ,, Leben und Leiden des Herrn'', daß, als das liebe Kind-
lein in der Krippe lag, die Engel vom Himmel gekommen ſeien
und ihm das große ſchwere Kreuz gebracht hätten, an welches
er ſollte geheftet werden. Jn dieſem Kreuz waren alle Mar-
tern abgebildet, welche das Kind von ſelbiger Stunde an bis
zu ſeinem Hinſcheiden auf Golgatha erleiden ſollte. Dieſes
Kreuz ſtellten die hl. Engel vor die Augen des Kindleins und
ſprachen: ,, Gütigſter Jeſu! ſieh, hier ſendet dir dein Vater
dieſes Kreuz, welches du all deine Lebenstage tragen und an
das du endlich nach dreiunddreißig Jahren grauſam angenagelt
werden ſollſt.'' Und das Chriſtkindlein begrüßte mit Freuden
das Kreuz, das der himmliſche Vater geſandt, umarmte es und

Verantwortliche Redaction: Dr. Stephan Braun. — Druck und Verlag der J. Dilger' ſchen Buchdruckerei
 
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