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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 16.1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.7194#0017
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 166.

Domine dilexi ecorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1877.

zu Sturnberg mit St. Margaritta und St. Urſula ſind
unbedingt von ihm ſehr ſchön und gut erhalten. Wir er-
wähnen zum Schluſſe der Zeitblom'ſchen Bilder noch zwei
Tafeln mit verſchiedenen männlichen und weiblichen Heili-
gen, jetzt ebenfalls in der Münſterſacriſtei, ,,Alle Heiligen'',
wie es im Kataloge hieß; es ſollen aber die Bilder nicht
eine Darſtellung aller Heiligen ſein, wie wir ſie ſpäter be-
ſonders oft an den Plafonds der Kirchen finden, wo auf
der einen Seite gewöhnlich der hl. Joſeph auf der andern
Maria iſt, ſondern mir ſcheint, um das Bild zu erklären,
müſſen wir an das Cölner Dombild uns erinnern; wie
dort der heilige Gereon der Führer der männlichen, die
heilige Urſula Führerin der weiblichen Heiligen zur Ver-
ehrung der heiligen Jungfrau iſt, ſo leiten hier der heilige
Johannes der Täufer und ebenfalls die heilige Urſula ihre
Genoſſen der heiligen Jungfrau zu; als Mittelſtück hätten
wir eine thronende Madonna oder die Anbetung der heili-
gen 3 Könige hinzuzudenken.
Damit haben wir denjenigen Meiſter mit ſeinen Werken
kennen gelernt, der uns in der Ausſtellung am meiſten
intereſſirte. Wenn man ſo, wie hier Gelegenheit war, ſeine
Bilder eingehender betrachtet, ſie mit einander vergleicht
und das Zweifelhafte vom Sicheren ausſcheidet, wird man
zum Reſultate kommen, daß Zeitblom unter den mittel-
alterlichen Meiſtern eine bedeutend hohe Stellung einnimmt,
und daß er, um in ſeinem Schaffen richtig gewürdigt zu
werden, auch im Geiſte des Mittelalters aufgefaßt werden
will. Wenn noch viele unter den heutigen Kunſtliebhabern
den Werken mittelalterlicher Meiſter gegenüber, nament-
lich auch aus der ſchwäbiſchen Schule, ſich niemals zu einer
größeren Wärme zu erheben vermögen, ſo liegt das eben
in einer unrichtigen Auffaſſung. Die naive Jnnigkeit jener
Werke nemlich hat meiſtens einen mehr ſittlich religiöſen
als äſthetiſchen Grund, ihre Schönheit iſt mehr ſo zu ſagen
eine innere als eine äußere, und über dem Anſtoß an der
Befangenheit und Mangelhaftigkeit der Formgebung ent-
geht dem diesbezüglichen minder eingeweihten Beobachter
die Fülle und Tiefe des Ausdrucks, die Anmuth
des Seelenadels.

Die Almer Malerſchule.
Nachtrag zum Ulmer Münſterjubiläum
Von Pfarrer Detzel in Württemberg.
(Schluß.)
Zwei Bilder von äußerſter Anmuth und Lieblichkeit
waren ferner aus der F. F. Gemäldegalerie in Donau-
eſchingen ausgeſtellt: Mariä Heimſuchung und die Heiligen
Magdalena und Urſula; ſie ſind gut erhalten, während bei
dem Altarſchreine aus der Kirche zu Hauſen bei Ulm die
Reſtauration ebenfalls eine unglückliche iſt und beſonders
außerhalb der Oelberg faſt ganz moderniſirt erſcheint. St.
Franziskus, der durch die Renovation am wenigſten ge-
litten, iſt ein treffliches Bild — ob aber das Werk über-
haupt von Zeitblom? Von dem Altare von Kilchberg bei
Tübingen, 4 Tafeln iſt wohl St. Margarita mit dem Dra-
chen die ſorgſamſte Arbeit, der liebliche runde Kopf iſt mit
dem zu Donaueſchingen ſehr ähnlich. Der hl. Johannes
mit dem Lamme, St. Georg und Florian ſtehen ſteif, kerzen-
gerade da, wie wenn der Meiſter ſich die Geſtalten zuerſt
in Skulptur auszuhauen gedacht, und dann erſt gemalt
hätte; letzterer Heilige zeigt ein ungemein gutmüthiges ſchwä-
biſches Bauerngeſicht, alle vier Figuren haben Teppich-
hintergrund. Die 8 Prophetenköpfe aus dem Altarwerke
zu Bingen, angeblich von Hans Schühlein, halten wir un-
bedingt für Zeitbloms; die eigenthümlichen Naſen, der
ſchwäbiſche Typus, die Art der Färbung, ſo weit ſie nicht
verändert iſt, bekunden das.
Es wären noch einzelne kleinere Bilder zu beſprechen,
die aus dem Wengerkloſter in Ulm ſtammen, jetzt aber in
der Münſterſakriſtei daſelbſt aufbewahrt werden; ſie hingen
im dritten Kabinete unſerer Ausſtellung, allein ob ſie von
unſerm Ulmer Meiſter ſind, iſt immerhin ſchwer zu ent-
ſcheiden. Dieſe braun gefärbten Geſichter des hl. Jakobus
und Bartholomäus ſind in ihrer dermaligen Ausſtellung
gewiß nicht von ihm; an den Bildern der Beſchneidung
Chriſti und Darſtellung im Tempel mag er immerhin das
Beſte gethan haben, aber in einzelnen Figuren herrſcht eine
ziemlich rohe Behandlung; der Ulmer Schule gehören ſie
unbedingt an. Die beiden Altarflügel aus der Morizkapelle
 
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