Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — [1].1858

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.22171#0028
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Evangelischer Lirchenbau.

Die Erörterungen der wichtigen Frage, die in der Aufschrift liegt, beginnen
wir niit einem amtlichen Dolumente, das wohl vor Allem die allgemeine Beach-
tung verdient. Es ist das erste seiner Art in der evangelischen Kirche wenig-
stens in den deutschen Landen, und gewinnt dadurch an Ansehen, daß es von
Vertrauensmännern verschiedener Landeskirchen, darunter sich die vier größesten
des lutherischen Bekenntnisses befinden, ausgegangen ist. Freilich hatte das
Zeitalter der Reformation nur eben von den schon vorhandenen Gotteshäusern
Besitz zu nehmen und sie mit Hinwegräumung ungehöriger Zuthaten sür das
Bedürfniß des gereinigten und vereinfachten Gottesdienstes einzurichten. Ueber-
haupt lag den alteren Kirchenordnungen eine so mannigfaltige und viel wichtigere
anderweitige Aufgabe vor, auch bestimmten sie Einzelnes, was die örtliche
und äußerliche Abhaltung des Cultus betrisft, so und anders nebenbei, daß
man keine Veranlassung sand, noch weiter theils die nothwendigen Erforder-
nisse, theils die wünschenswerthen Rücksichten, welche der Bau und die Einrich-
tung christlicher Kirchen in Anspruch nimmt, in eine übersichtliche Vollständigkeit
zusammenznstellen. Mag es diesem Mangel an sichern Vorschriften und, was da-
mit zusammenhängt, dem Mangel an Jnteresse und Verständniß für die Sache
selbst bei den kirchlichen Behörden, zuzuschreiben sein, wenn nicht bloß unter den
Reformirten, sür welche auch das Kirchengebäude sich von den traditionellen
Formen frei zu machen strebte und an der Gestalt eines hinlänglichen, geschlosse-
nen und bedeckten Raumes sür große Versammlungen Genüge fand, sondern
auch bei den Lutherischen sogar die einfachste und am nächsten liegende schrist-
mäßige Shmbolik kirchlicher Architektur verloren gieng; in neuester Zeit ist die
Verweltlichung und Verwillkürlichung des Kirchenbaues auch dadurch begünstigt
worden, daß politische und polizeiliche Beamtungen in die Stelle kirchlicher Be-
hörden eintraten und wo nicht vom christlichen Sinn und guten Willen, doch
von der Einsicht in kirchliche Anschauungen entblößt, unschöne unv unwürdige
Bauwerke zu Kirchen aufführen ließen. Jn neuester Zeit ist nun aber mit dem
wärmeren Glaubensbewußtsein in den Gemeinden auch Ler Wunsch erwacht,
edlere Kirchenbauten, welche den aus der Väterzeit stammenden würdig an der
Seite stünden, auszusühren, und was einzelne Gemeinden, fromme Patrone da
und dort gethan, wird auch von den Regierungen in Kirche und Staat mehr
denn früher anerkannt. Namentlich haben die für liturgische Zwecke seit 1851
in Dresden abgehaltenen Conserenzen von Abgeordneten der höchsten Kirchen-
behörden aus den Königreichen Sachsen, Bayern, Hannover und Württemberg
und aus den beiden Mecklenburgischen Großherzogthümern zu einer Ausstellung
von Grundsätzen für den Kirchenbau gesührt, wie sie sich vom gottesdienstlichen
Gesichtspunkt aus ergeben. Wir schicken eine Verössentlichung dieser Grundsätze
nach dem Allgemeinen Kirchenblatt sür das evangelische Deutschland (herausge-
geben von dem Prälaten v. Moser in Stuttgart, Jahrg. 1856 S. 544 fs.)
voraus und lassen einige historische und sachliche Erläuterungen folgen.
 
Annotationen