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beiderlei Gestalt aus den Häuden des Bischofs vou Braudeuburg, Matthias
von Jagow, empfing.

Das obengeuauute Gemälde, Ihs Fuß breit, 8'2 Fuß hoch, stetlt uus eiu
einsaches Gemach der Kurfürstiu dar, welches zu dem heiligeu Zweck iu eine
kleiue Hauskapelle verwandelt scheint. Arif dem mit brauurothem Sammt uud
weißen gestickten Linueu behangeneu Altar, auf der rechteu Seite des Bildes
steht eiu Crucifir, mau sieht eiueu breuueuden Leuchter, ein aufgeschlageues
Evangelieubuch und eiue kleine Pateue mit der Hostie. Der Küustler hat deu
Augenblick gewählt, wo die Kurfürstiu deu Kelch so ebeu empfaugeu soll. Die
beiden Hauptfigureu, die Kurfürstiu und der vor ihr steheude Prediger, siud iu
Lebensgröße. Die Kurfürstin, eine schöne stattliche Gestalt, kuiet aus eiuem
duukelrothen sammtnen Betschemel. Sie trägt ein Kleid vou schwerer weißer Seide,
an den Aermelu mit kleiueu goldeuen Schleifen eiufach verziert, um deu Hals
über dem züchtig bis obeu hinauf gesalteteu Hemde au eiuem goldeuen Kettchen
eiu mit Rubiueu verziertes Kreuz, welches ihr auf die Brust herabfällt, auf dem
Kopfe über dem glatt anliegeudeu Haar eiue Mütze vou pfirsichblüthenem Sammt
mit weißeu Perleu geschmückt. Der Kops selbst ist vou großer Schöuheit. Er
hat deu Ausdruck der iuuigsteu Audacht, des Gesühls der ersehuteu Befriediguug
eiues tiefempfuudeueu heiligcu Bedürfuisses, nicht ohue eiueu gewisseu Auhauch
der Wehmuth, daß dieß im Verborgeuen geschehen muß. Die kuieeude Fürstiu
erscheiut wie eiue schöue keusche Heilige. Jhre Häude siud gefaltet; au dem
Goldsiuger der rechten Haud bemerkt mau deu Trauring, wie eiue Hindeutuug
darauf, daß sie doch hofft, die Pflichteu gegeu ihreu Eheherru mit deneu gegeu
ihreu Heilaud zu vereinigeu. Als würdiges Gegenstück steht ihr der Prediger
gegenüber, im eiufacheu schwarzeu Chorrock, der Typus eiues schlichteu evauge-
lischeu Glaubeusboten. Die Rechte hält deu Kelch, die Liuke streckt sich wie
segneud. über die Fürstiu aus. Der Kopf hat deu Ausdruck der warmeu
Christusliebe, die sich freut, das guadeuvolle Sakrament iu unverkürzter Gestalt
austheilen zu'köuueU. Hiuter der Kurfürstin kuiet iu geriuger Eutferuuug eine
junge Edeldame. Sie kehrt sich wie mit eiuer abwehreudeu Beweguug gegen
deu im Hiutergruude liuks erscheiueuden Kurfürsten, der eben aus einer Gallerie
durch den geöfsueteu Vorhaug iu das Gemach einzudriugen im Begriff ist. Auf
seiuem Gesicht malt sich vorerst mehr Ueberraschuug als Zoru, so daß er deu
frommeu Eiudruck des Gauzen nicht eben stört. Das Bild ist bedeutsam, kheils
als eine sehr gelungene Darstelluug der evangelischen Feier des Abendmahls,
theils als ein präguaüter Ausdruck des protestantischen Bewußtseins überhaupt.
Der Preis desselbeu, 20M Rthlr., ist für Privatsammler hoch. W. L.

VcnintworMche Rcdaction und Vcrtng von Ebncr L Scubcrt >n Stultgnrt.
Schnellprcssendruck dcr I. G. Sprcmdcl'schen Buchdruckerei dnselbst.
 
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