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mißt werden. Hiedurch hat sich denn auch unter den Kirchenvorständen der
Sinn für christliche Kunst und für großartige Unternehmungen dieser Art er-
halten, rurd ich sreue mich über zwei wirklich bedentende berichten zu können,
welche überdies, da sie beide den Schmnck des Altars und seiner Umgebungen
bezwecken, diesen Zweck aber in verschiedener Weise verfolgen, zu nützlichen Ver-
gleichnngen und Betrachtnngen Anlaß geben.

Das erste beider Werke, bereits im November v. I. vollendet, ist der
Altar der St. Stephanskirche zu Gartz an der Oder. Die Kirche selbst besteht
aus einem Langhanse von drei gleich hohen Schiffen und einem, der Mittel-
schiffbreite entsprechenden, 57 Fnß langen, mit fünf Seiten des Zehnecks schlie>
ßenden, bis zum Gewölbschlusse 60 Fnß hohen Chore, in welchem nach dem
Wunsche des Kirchenvorstandes ein neuer, reicher, mit Oelgemälden geschmückter
Altar errichtet werden sollte. Jn Beziehnng anf die Gemalde wnrde dabei im
Schoße des Vorstandes festgestellt, daß das größeste und mittlere die Kreuz-
abnahme und zwar nach der durch Toschi's Stich auch in Deutschland wohl-
bekannten Komposition des Daniel da Volterra enthalten und von zwei andern
begleitet werden sollte, zu Leren Gegenständen man sehr zweckmäßig die Taufe
Christi und die Auferstehung wählte. Die Ausführung dieser Gemälde wurde
deur hiesigen Historienmaler Professor Kaselowsky, einem im Dienste christ-
licher Kunst vielfach thätigen und bewährten Künstler, übertragen, welcher denn
auch seinem Rnfe entsprach und zwei vortreffliche Bilder lieferte. Die Dar-
stellung der Auferstehung wurde durch die vorgeschriebenen Dimensionen der
Nebenbilder, 3 Fuß 1 Zoll Breite bei einer bis zum Anfange des Spitzbogens
doppelten, bis z:ir Spitze desselben dreifachen Höhe, einigermaßen erschwert; der
Künstler hat indessen auch hier seine Aufgabe sehr glücklich gelöst, indem er
die Gestalt des siegenden Heilandes auf dem Rande des Sarkophags stehend
iir der Vorderansicht und in möglicher Größe zeigte, und für die erwachenden
und erschreckten Kriegsknechte am Fuße des Bildes und an der Seite Platz ge-
wann. Die beabsichtigte Verwendung von größeren Oelgemälven am Altare
war für die architektonische Anordnung in soweit maßgebend, als demselben
nun eine große, zur Aufnahme dieser Gemälde geeignete Wand unmittelbar an-
gefügt werden mußte. Der ausführende Architekt, Herr Bau-Jnspektor Herr-
mann in Stettin, wahlte dazu den gothischen Styl als den dem Gebände ent-
sprechenden. Für den Altartisch nebst seinen Stusen ist Marmor verschiedener
Brüche, meist grauer Farbe, verwandt, für die hohe Wand wurde, da Eichen-
holz nicht würdig und monumental, Stein zu thener erschien, dem sügsamen,
in Pommern vortresflich bereiteten Portland-Cement der Vorzug gegeben, und
zwar so, daß der Kern in Cementktinkern gemauert, alles feinere Werk, Gliede-
rungen, Ornamente, selbst Statuen in Steinguß hergestellt wurde.

Eine Zeichnnng in der Größe, welche das Format unsers Blatttes bedingt,
wird kaum genügen, eine Vorstellung von dem Reichthume der Ornamentation
zu geben, und ich muß daher den Versuch einer Beschreibung wagen. Der
Altartifch selbst hat eine Breite von 7 Fuß 3 Zoll und ist mit einfachen gothi-
schen Arkaden verziert; die dahinter aufsteigende Wand mißt in der Breite
10 Fuß, in der Höhe bis zu dem Hauptgesimse 21, mit den darüber hinaus-
 
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