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Alles bisher Ausgeführte gilt in seiner Art gleichmäßig von der Krone des
ganzen Chorgestühls, dem dreisitzigen Chorstuhl hinter dem Kreuzaltar unmittelbar
unter der xorta tririlnpllalis, und es erübrigt nur noch der Tafel des Ge-
richts zu erwähnen. Es ist dieß eine Holztasel mit Schrift am Schluffe der
ganzen großartigen Darstellung nach der letzten Sibylle über dem Brustbilde
von Sürlins Frau, welche, abgesehen von unwesentlichen Zuthaten, ein aus 27
Hexametern bestehendes Gedicht enthält, ein Orakel, das der Lritria.
in den Mund gelegt wird (bei ^uAustirius äe Oivit. Del. XVIII. 23) und
eine furchtbare Schilderung des jüngsten "Gerichts ist. Jetzt freilich ist es un-
klar, was ein solches Orakel an dieser Stelle solle; aber wer sich noch erinnert,
wie es bei mir der Fall ist, was für ein Gemälde eben über dieser Tafel an
der großen Wand über der porta trium^lmlis gemalt war — es ist leider 1817
übertüncht worden — dem muß der Zusammenhang einleuchten. Es war in
colossalen Dimensionen, die Darstellung des jüngsten Gerichts aus dem Jahr
1470; ich erinnere mich noch recht wohl, wie wir als Knaben vor dem weit
ausgesperrten Höllenrachen mit seinem glühenden Auge — es war ein hellglän-
zender Stein oder Glasfluß — mehr Respect hatten, als selbst vor dem Herrn
Cantor, wenn er von Zeit zu Zeit mit seinem Taktstocke uns in verständlicher
Weise veranlaßte, in unsere Noten- und Gesangbücher zu sehen, statt in der
Kirche herumzugafsen, welche uns damals schon viel erbaulicher schien, als die
Stimme des Herrn Cantor, ja selbst als manche Predigt. Dieses Gemälde,
es war die Illustration zum Texte unseres Orakels: hier war durch das Bild
der Anschauung nahe gerückt, was im Worte den Gedanken der Einbildungs-
kraft dargeboten war; was der Bildhauer mit dem Meißel und Schnitzmesser
nimmermehr vermocht hätte, das konnte der Maler auf breiter Fläche mit seiner
Farbenpracht erreichen, die Darstellung der Seligkeiten des Himmels und der
Schrecken der Hölle.
(Schluß folgt.)

Chronik.
Sammlungen. Der Bildhauer N. Freytag in Danzig hat daselbst städtische Antiquitäten,
meist Architeklurfragmente von alten Danziger Gebäuden gesammelt. Dieselben waren in den
Räumen des ehemaligen Franciskanerklosters aufgestellt. Nachdem das Klostergebäude im Sommer
1863 aus dem Besitz des Staats in den der Stadt übergegangen, ist jene Sammlung von der
Stadt gegen eine an Freytag zu zahlende Leibrente von jährlich 150 Thlrn. angekauft worden.
Malerei. An der Aula der Universität zu Königsberg in Preußen wird der Feftsaal, 61' lang,
30' breit, 28' hoch, durch Wandgemälde geschmückt, deren Ausführung der Malerakadcmie zu
Königsberg unter Leitung ihres Direktors, des Historienmalers Nosenfelder, übertragen ist.
Jedes der Hauptbilder erhält eine Breite von 10', bei 9' Höhe, und darüber je eine grau in grau
gemalte allegorische Gestalt. Die Vorwürfe sind z. B. für die Philosophie: wie Sokrates seine
Schüler lehrt, darüber die Philosophie; für die Theologie: Pauli Predigt in Athen, darüber der
Glaube mit Kreuz und Kelch. Sechs kleine Bilder, welche unten umherlanfen, sollen die verschiedenen
Disciplinen der philosophischen Fakultät vertreten.

Verantwortliche Redaction und Vertag von Ebner <d Seubert in Stuttgart.
Schnellpreffendruck von Slug. Wöruer, vormals Z. G. Sprandel, daselbst.
 
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