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Seiten der Griechen , wie von Seiten der Lateiner waren schon längst lüsterne
Blicke nach dieser Stätte gerichtet gewesen. Im Jahr l 846 sollen in München,
unter den Auspicien des Königs Ludwig, sehr ernste Pläne für die Erwerbung
derselben gefaßt worden sein. *) Dank der Eifersucht der genannten zwei mächtigen
Kirchengenossenschaften ist der historisch hochwichtige Platz in den Besitz der Pro-
testanten gekommen. Auf der Fahrt nach Jerusalem hatte Friedrich Wilhelm zu
Constantinopel, im Auftrags seines Königl. Vaters, persönlich dem Sultan den
Wunsch nach der Erwerbung des Platzes kundgegeben, und was vorher um keinen
Preis zu bekommen gewesen war, das hat die Krone Preußen durch die Großmuth
des Großherrn geschenkt erhalten. Es versteht sich von selbst, daß das Geschenk
des türkischen Kaisers sich nur auf den dem Staat zugehörigeil Theil des Platzes
beziehen konnte. Die Abgränzung und Abrundung des Territoriums war mit
nicht geringen Schwierigkeiten verbunden, welche nur durch große diplomatische
Gewandtheit und festes Auftreten überwunden werden konnten. Der Leiter der
Unterhandlungen war der erste Secretär und Dolmetscher der Gesandtschaft des
Norddeutschen Bundes in Constantinopel, I)r. Busch.
Da eine Zusammenstellung der wichtigem historischen Notizen in Betreff die-
ser den türkischen Händen nun glücklicherweise wieder entfallenen Stätte den Lesern
dieses Blattes eine willkommene sein dürfte, will ich im 'Nachfolgenden, unter Hin-
weisung auf den jetzigen Bestand, eine solche versuchen.
Die ersten Bauten auf dem großen 200,000 Quadratfuß umfassenden Ter-
rain**), ein Convent mit einer Kirche, sind keinem andern als Karl dein Großen,
der mit dem damaligen Beherrscher Syriens, dem großen Chalifen Harun er-Rafchid,
in den besten Beziehungen stand, zu verdanken. Als erster Superior wird ein
Deutscher, Namens Engelbald, genannt. In dem i l. Jahrhundert fiel wie über
die benachbarte Grabkirche, so auch über diese Bauten die zerstörende Wuth des
fatimidischen Chalifen Hakem, jenes blutdürstigen Tyrannen, de» der Stifter der
Drnsen-Neligion Hamza zu einer Jncarnation der Gottheit erhoben hat. Der
Wiederaufbau der zerstörten Gebäude mar durch italienische Kauflente aus Amalfi,
welche es verstanden hatten, die Gunst der ägyptischen Beherrscher zu erwerben,
besorgt. Die Amalfitaner trugen auch dafür Sorge, daß an die Stelle der syri-
schen oder eingeborenen Mönche, welche der griechischen Ordnung folgten, latei-
nische Mönche kamen. Es geschah das zwischen den Jahren 1014 und 1023. Die
Kirche erhielt deßhalb den Namen Sta. Maria latina. Zu dem Convent haben
sie ein Hospitz für Reisende gefügt, und nach einiger Zeit wurde ein Hospitz für
Frauen eingebaut zu Ehren der Maria Magdalena. Der letzte Zuwachs war ein
Hospital und eine Kapelle zu Ehreil eines Johannes Eleemon, der Patriarch von
Alexandrien gewesen war. Dies war der Stand der Dinge, als die Eroberung
der Stadt durch die Kreuzfahrer erfolgte. Der Director des Hospitals war da-
zumal ein Heiliger, Namens Gerard. Dieser wurde unter der Obhut des neuen
christl. Königthums der Stifter des Johanniterordens, welcher es sich zur Aufgabe
*) A. A. Z. 1869, Nr. 346.
**) Nach T. Tobler's Topograph,? von Jerusalem I, 406.
 
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