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Haltungen, und wer sie alle so schön geordnet hat, daß jedes am rechten Orte steht,
unten oder oben, in den innern oder äußeren Klosterräumlichkeiten, und wer das
Alles so im Stande erhält, daß uns aus Allem der Geist der Vorzeit wohlthuend
anspricht, ohne daß man an den Staub und Moder der Vergangenheit erinnert
wird! Wem, der als ein Laie, wie wir, die ehrwürdigen Hallen betritt, in welchen
so viele Jahrhunderte auf uns herniederschauen, solche Fragen sich aufdrängen, dem
bietet sich als eine genügende Antwort darauf an Ort und Stelle dar, daß wir eben
vor einer Stiftung der deutschen Nation stehen, in welche die Schätze aller deutschen
Stämme in der verhältnißmäßig kurzen Zeit ihres Bestehens zusammengeflossen sind,
welche schon vor Jahren als ein Erstlingswerk der ganzen deutschen Nation pro-
phetisch auf die erst jetzt nach schweren Kämpfen vollzogene politische Einigung hin-
wies; und wer die schöne Ordnung in diesem Vielerlei bewundern muß, der kann
nicht lange darüber im Zweifel sein, daß diese Nationalstiftung, welche auch fernerhin
sich selbst als solche verwalten soll, aufs trefflichste geleitet und organisirt ist unter
dem Beirathe eines zahlreichen Gelehrtenausschusses von seinen Vorständen, und findet
es auch gewiß recht und billig, wenn, wie uns unlängst die Blätter berichtet haben,
der Zustand des Museums von den zur Prüfung aufgestellten Commissionen als ein
nach allen Seiten ersprießlicher gefunden und auch dem ersten Vorstand, wie den
Vorständen der einzelnen Abteilungen der wärmste Dank der Gesellschaft ausgedrückt
worden ist. Wer fände da aber auch nichts zu lernen, wenn er diese wohlgeord-
neten, reich ausgestatteten Räume auch nur in wenigen genußreichen Stunden durch-
geht, der Gelehrte, der dort für kunst- oder culturgeschichtliche Studien jeder Art ein
bereits geordnetes, fast lückenloses, wcitschichtigcs Material vorfindet, oder der
Künstler, der aus dem elastischen Boden der altdeutschen Kunst die Werke bei ein-
ander hat, die sonst da und dort vereinzelt an Werth verlieren, oder der Hand-
werker, der dort eine permanente Ausstellung seiner Erzeugnisse, ein beständiges
Musterlager Lei der Hand hat, nach welchem er nur arbeiten darf, um Muster-
giltiges zu liefern, oder auch nur die einfache deutsche Hausfrau , welcher ein Blick
in den ganzen Haushalt ihrer Vorgängerinnen in den guten alten Zeiten bis auf
die stattlichen Kachelöfen mit ihren schönen Gemälden, und Wandkästen mit ihren
kunstreichen Schlössern, ja bis auf die alten Küchengeräthe mit dem Bratspieß, an
welchem man die Martinsgans briet, und die alten Waffel-Eisen und „Sprengerlens-
Mödel" verftattet ist. Es würde zu weit führen, alle einzelnen Gruppen besonders
aufzuführen, welche sich wohl von den Gruppen einer modernen Kunst- und In-
dustrieausstellung unterscheiden mögen, aber ihnen an Reichthum der Erfindung, an
Brauchbarkeit und Geschmack gewiß nicht nachstehen. Nur erwähnt sei, daß das
Volk der Künste und Gewerbe des Friedens sich auch in den Erzeugnissen finden
läßt, welche dem rauheren Kriegshandwerke dienen, weil hier die Sammlung be-
sonders reichhaltig ist von den alten Feldschlangen und Kartaunen, deren eherner
Mund jetzt freilich geschlossen ist, bis auf die neuesten raffinirten Cvustruktionen von
Schußwaffen; Und im Zusammenhang damit sei gleichfalls noch erwähnt der Reich-
thum an deutschen Reliquien, unter welchen jetzt besonders auch die in der Kaiser

*) Hiebei der Nürnberger Eier nicht zn vergessen, welche neben den Sanduhren, die man
vorher hatte, einen bedeutenden Fortschritt in der Cnltur bekunden.
 
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