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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 21.1879

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Nr. 2 (1. Februar 1879)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42372#0025
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hinaus. Geistig sind alle vier gleich thätig und eimnüthig fordern sie zu gleicher
geistiger Thal auf. Zu welcher? Um diese Frage genau zu beantworten, muß
mau sich die innere Entwicklung Dürer's und damit seine Stellung zu den
Bewegungen der Jahre 1525 und 26 vergegenwärtigen. Denn wenn er sonst
zu einem großen Gemälde gerade ein Jahr zu brauchen pflegte, so kann das
im Oktober 1526 dem Rathe vermachte Werk nur zwischen Oktober 25 und 26
entstanden sein.
Der dreiundzwanzigjährige Albrecht hat sich, 1494 von der Wanderschaft
heimgekehrt, mit der hübschen und vermöglichen Agnes Frey glücklich verheiratet.
Daß diese von Pirkheimer ungerecht nnd unedel als eine Rantippe verleumdet
sei, haben wir schon 1862 im Christlichen Kunstblatt bei Besprechung des Eye'-
schen Buches darzuthuu versucht und ist seitdem durch Thausing festgestellt.
Mit den alsbald begonnenen Bildern zur „heimlichen Offenbarung Johannis
des Theologen" zeigte Dürer, meß Geistes Kind er sei. Kaum war dieses
wahrhaft „für das deutsche Volk" geschaffeue Werk fertig, so entstaud (1500)
„Die große Passion". Der Tod seines frommen Vaters (1502), dazu eine
schwere Erkrankung bewirkte noch tiefere Einkehr in sich selbst. Womit seine
Seele umging damals, beweist sein „Dorngekrönter Heiland" 1505, „Die
grüne Passion" l504 nnd die Porträtstudien zu der Apostelreihe, die er später
iu Kupfer gestochen hat. So heiter er 1505 in Venedig zu leben verstand,
so „unverfälscht und unverwälfcht" kam er 1507 zurück, um neben großen
Malereien unfeiner „Großen" und „Kleinen Pafsion" zu arbeiten, die er 1511
mit feinem köstlichen Marienleben im Holzschnitt herausgegeben hat. Im Jahr
darauf stach er den an Händen gebundenen Schmerzensmann in Kupfer und
15 l3 veröffentlichte er feine „Kupferstichpafsion". Neben Amor und Venus,
Dudelsackpfeifer und Banerntanz stach er 1514 die Melancolia, neben dieser
zeichnete er die Humoresken in Kaiser Marimilians Gebetbuch. Schon wieder
1515 stellte er den Mann der Schmerzen sitzend und gleichzeitig in Gethsemane
mit dem Tode ringend dar. Welch ein Zeugniß auch für jene Adventszeit
der Reformation, daß alle diese Passionsbilder so großen Anklang in den Herzen
und Absatz auf den Märkten Deutschlands nnd über dasselbe hinaus gefunden
haben!
Von Luther selbst war auch in Nürnberg in jenen Jahren noch nichts
bekannt, als was aus seinen Vorlesungen und Predigten durch Freundesbriefe,
reisende Gelehrte nnd fahrende Studenten verlautete. Erst im Frühjahr 1517
gab Luther seine erste deutsche Schrift, die Auslegung der von ihn: übersetzten
sieben Bnßpsalmen heraus, welcher die Auslegung des Vaterunsers auf dem
Fuße folgte. Nicht blos „für seine rohen Sachsen" hatte er sie geschrieben.
Allenthalben griff inan nach allein, was von dem Wittenberger Doktor der
heiligen Schrift zu lesen war. Sein früherer Amtsgenosse, der Rechtsgelehrte
Schenrl, 1512 aus Wittenberg als Consillent in seine Vaterstadt Nürnberg
berufen, bildete die Brücke zwischen den Gebildeten beider Städte. Er gab
Stnupitzen's Predigten heraus und bat zu Anfang des Jahres 1517 Luther,
mit dein er sich in Hingabe an die „Augustinische Theologie" einig erklärte,
 
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