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gearbeitet, und die Magd, welche ihn und seine Fran ans der niederländischen
Reise begleitet hatte, geheiratet habe. Vielleicht hat auch Georg Pencz durch
Dürer's Fürsprache bei den ihn: befreundeten Rathsherrn schon in: Frühjahr
.1525 es erlangt, daß er seines Bürgerrechts und seiner Verpslichtnng gegen
Nürnberg enthoben sich in Windsheim niederlassen durfte.
Gleichzeitig mit der Säuberung der Stadt non den vornehmsten „Schwarm-
und Rattengeistern" vollzog sich die gänzliche Ausstoßung des römischen Wesens.
Nach dem mit den Dominikanern und Franziskanern und Karmelitern am
9. März 1525 ans den: Rathhanse von Osiander gehaltenen Religionsgespräch
wnrde ihnen das Predigen und Beichthören untersagt, der Karmeliterprovinzial
Dr. Stoß, ein Sahn des berühmten Bildschnitzers, mußte in drei Dagen die
Stadt verlassen, der Barsüßerguardian Michael Fniß durste nnr hinter ver-
schlossenen Dhüren seinen Klosterleuten predigen nnd als er über den Rath
ans der Kanzel schmähte, mußte auch er die Stadt meide::. Die übrigen
Mannsklöster mußten sich der Ordnung der Pfarrkirchen fügen. Alle päpstlichen
Feiertage wurden abgeschasst, alle Priester mußten sich in den Bürgereid begeben.
Die von Anfang an lutherisch gesinnten Augustiner übergaben schon an: 22. März
1525 ihr Kloster dem Almosenamte; ihnen folgte:: au: 1.9. Mai die Karmeliter,
an: 2. Jnli die Benediktiner nnd endlich an: 9. November auch die Karthänfer.
Die widerstrebenden Nonnenkloster von St. Katharina nnd St. Klara ließ der
Rath in: folgenden Jahre schließen.
So wurde Nürnberg „evangelisch", während ringsum der Bauernkrieg wüthete.
Der Rath wußte ihn durch geschickte Politik von seinen: Gebiete abzuhalten.
Den Aufrührern hatte er schon in: Frühling 1524 den vollen Ernst gezeigt
durch die Enthauptung der dreizehn unruhigsten Bauern auf den: runden Stein
zu Pappenreuth, und in: Juli durch Hinrichtung zweier Bürger in Nürnberg
und der Vorstadt Wöhrd. Den: siegreichen Schwäbischen Bnnd aber erklärte
1525 der Rath, er wolle nut der Bürgerschaft bei den: Worte Gottes bleiben,
wie es anch gehen möge.
Wie sehr nun Dürer von all diesen, seine eigenen Haus- uud Kunstgenossen
in ihre Wirbel hineinreißenden Bewegungen mitbewegt worden sein muß, läßt
sich denken. Dies hat ihn damals ein Traun: geängstet, in welchen: er den
ganzen Himmel in unendlichen Wasserfluten herunterstürzen sah. Wie mußte
ihn die gewaltige, gegen Ende Januars >525 erschienene Schrift seines Luther
„Wider die himmlischen Propheten", die Karlstadt'schen nnd Münzer'schen Irr-
geister, packen, worin der Wittenberger Löwe diesen neuen „falschen Propheten"
vorhielt, wie sie schier noch mehr als „die Papisten" die Lehre des Glaubens
und Gewissens hintansetzen nnd ihre eigenen Werke gewaltsamen Bilderstürmens
und Kirchenbrechens und selbsterwühlter Tödtung des Fleisches voranstellen; wie
sie alttestamentliche Gesetzlichkeit an Stelle des Evangeliums setze:: und das
Neue Testanwut in buchstäbelnder Weise nnfsassen, während sie doch wiederum
von: geschriebenen Bibelworte nichts nnd immer nnr vom „inner:: Wort" und
„von Geist, Geist" wissen wollen; wie sie das Sakrament des Altares seines
Inhalts entleeren, wie sie den Heilsweg verkehren, indem sie Jesns nnr als
 
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