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Vaterstadt in der adern Regimentsstube anfstellen ließ. Die darunter geschrie-
benen Schristworte sollten eine „Warnung" sein. Die weltliche Obrigkeit solle
sich vorsehen, sie solle nicht glauben, mit einen: Schlage sei die Gesahr abge-
wendet. Es ist geweissagt, daß die falschen Propheten und Widerchristen in
den letzten Zeiten kommen werden, kommen müssen. Es ist Pflicht einer evan-
gelischen Obrigkeit, vom Wort Gottes nichts Hinwegthun und zu ihm nichts
hinzuthun zu lassen. Daß die Obrigkeit, der Staat religionslos, consessionslos,
parteilos sein könne und solle, fiel Dürern fo wenig ein, als Luthern oder dem
Rathe von Nürnberg. Dieser nahm die Warnung an und fuhr im Sinue
Dürer's fort, den falschen Propheten entgegenzntreten. Im Jahr 1526 noch
wurden die Karlstadtischen Bücher zu drucken verboten. Nach Johann Denk's
Austreibung hatte sich der Widertäuferhäuptling Joh. Hut, eiu Frauke, in
Nürnberg und Umgebung eingefchlichen, er wurde sofort mit seiner Baude fort-
geschafft. Daun kam der berüchtigte Widertäufer und Chiliast Melchior Hof-
mann, ein Schwabe, und hatte sein Wesen, bis er ansgetrieben wurde. Gleich-
zeitig hatte sich der Reformator der kleinen Reichsstadt Bopfingen am Ries,
Wolfgang Vogel als Pfarrer von Eltersdorf bei Erlangen auf die Seite der
Widertäufer geschlagen und seine Pfarrkinder, sowie die ganze Umgegend be-
schwindelt, der Herr Christus würde in kurzer Zeit wiederkommen und durch
die Wiedergetansten alle Obrigkeiten und die „den Wiedertanf nicht annehmen
wollten", mit dem Schwerte vertilgen. Er ist — nicht sowohl wegen feiner
Irrlehre, als weil er zum Aufruhr verleitet hat, an: 26. März !527 enthauptet
worden. Ein Leineweber, Georg Oeder, der sich nicht lang nach Vogel und
Hnt nnter den Widertäufern hervorgethan, sich aber hernach bekehrt hat, mußte
zur Buße zwölf Wochen lang vor der Kirche stehen. Zu Ende des Jahres 1527
oder anfangs 1528, nicht lange vor Dürer's Tod, ließ der Rath auch eine
„Gründliche Unterrichtung" nusgehen, „welchergestalt die Prediger in den
Städten und auf den: Land das Volk ander etliche verführerische Lehre der
Widertäufer iu ihren Predigten aus heiliger göttlicher Schrift zum getreulichsten
mahnen und unterrichte:: sollen". Veranlaßt durch die Verwirrungen, die in
der Genwinde durch die Sakraments- und Tnuffchwärnwrei eingerissen waren,
verfaßte gleichzeitig der Reformator von Ansbach, der nach Nürnberg als Pre-
diger berufene Johann Althamer aus Brenz in Schwaben eine Erklärung streitiger
Schriststellen, welche Sebastian Frank, damals Pfarrer in Gustenfelden, einem
Nürnberger Flecken bei Schwabach, 1528 ins Deutsche übersetzt hat. Trotz
allen: und allen: wuchs der Hydra immer wieder ein neues Haupt, wenn das
alte abgehnuen war und die Herknlesarbeit gegen die ebenso staats- als kirchen-
feindliche Brut mußte noch Jahrzehnte lang fortgesetzt werden.
Kann nach all diesen: noch eine Frage sein, was Dürer nut seinen: Werke
gemeint und gewollt hat? Ist es „ein Denkmal der Reformation", so ist es
von Dürer nicht zu einem solchen „bestimmt", wie Thausing (S. 490) meint.
Seiner Bestimmung nach ist es eine Warnungstafel gegen das Widerchryten-
thum, welches in die junge evangelische Kirche aus ihren: eigenen Grnnd und
Boden heraus eingeschlichen ist, eine Mahnung zum Festbalten an dem lautern
 
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