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arbeit nur wenige geschaffen. Das kräftig entworfene, edel geformte Haupt, ein
Mienenspiel, durch welches die innere Erregung und Erleuchtung kräftig und
maßvoll Zugleich zum Ausdrucke gebracht wird, die gedrungene, breitschulterige
Gestalt, die der Künstler über das Maß der übrigen erhoben hat, bewirken
eine eindruckskräftige, monumentale Hauptfigur. Nur die Finger sind, wie auch
bei den übrigen Figuren, nachlässig behandelt. Einen feinen Compositionssinn
verräth ferner die Art nnd Weise, wie die einzelnen Personen der Darstellung
zu einander in Beziehung gesetzt und zusammengeschlosfen sind. In der Mitte
zwischen dem erschreckten Prokonsul und dem ruhig beobachtenden Barnabas steht
vermittelnd die Hauptfigur, Paulus, in heiliger Erregung und doch maßvoll,
dort Staunen und Erschrecken, hier stillvergnügte Freudigkeit hervorrufend.
Das Bild ist ohne symbolischen Inhalt. Die strenge Charakteristik der
einzelnen Personen zeigt, daß die Absicht des Künstlers war, ein eigentliches
Geschichtsbild zu schassen. Bei der großen Seltenheit geschichtlicher Stücke ist
das Gemälde also auch in dieser Beziehung werthvoll.
An der entgegengesetzten Schmalseite der Nische, der besprochenen Darstel-
lung gerade gegenüber, ist der bekränzte Kopf einer männlichen Person erhalten,
in welcher de Rossi die Züge des Richters wiedererkennen will. Indessen lassen
sich bei dem jetzigen Zustande des Gemäldes über diesen Punkt nnd über den
Inhalt des Bildes überhaupt bestimmte Behauptungen nicht aufstellen. Es
scheint jedoch wahrscheinlich, daß das zerstörte Fresko das Verhör des Paulus
vor Festus oder Agrippa zum Gegenstände hatte. Dadurch würde zu dem ersten
Gemälde ein sehr passendes Gegenstück gewonnen; auch die ruhige Haltung des
Mannes, der, wie es scheint, saß, spricht dafür; aber ich verzichte darauf, das
Feld nicht zu begründender Vermuthungen zu betreten.

Die gottesdienstlichen Gemünder der Geistlichen, namentlich in der
evangelischen Airche.
(Fortsetzung.)
Der deutschen evangelischen Kirche verblieb das volksthümliche Kleid der
Reformation, die Schaube, in der Form des Lutherrocks als liturgische Tracht,
wenn auch je und je mit einigen kleinen Veränderungen. In Fig. 9 sehen wir
darunter das lange, zugeknöpfte Kamisol. u. hat den breiten, doppelten, glatt-
anliegenden Laschenkragen, durch dessen Verkleinerung das heutige „Bäffchen" oder
„Ueberschlägleiu" entstanden ist. 96., ein Bild aus Ulm vom Jahr 1663, hat
den alten steifen spanischen Rundkragen und für das Haupt ein „8>oU I)so,"
das blos „Gott zu Ehren" beim Gebet feierlich abgenommene schwarze Sammt-
kappchen, welches auch außeramtlich getragen wurde.
Wie nun aber der spanisch-französischen Mode folgend nach der Mitte des
16. Jahrhunderts das Wams die Schaube von oben herab zu verdrängen am
fieng, so gesellte sich auch der spauische Mantel dazu, dem die jetzt auch verkürzte
Schaube eutgegenkam, so daß sich diese „Harzkappe" um 1580 kaum noch von
 
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