Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 31.1889

DOI issue:
Nr. 11 (1. November 1889)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44548#0171
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
167

Adolf lebte, hat er unseres Wissens strenge Mannszucht geübt. Wenn wir nun
lesen müssen, daß „der evangelische König Gustav Adolf und seine Bande viel-
fach wie Mordbrenner gewütet" habe, das soll dem protestantischen Gefühl
wohl thun?
Nun lesen wir weiter: es unterliege für den aufrichtigen Kenner der Ge-
schichte keinem Zweifel, daß die Grundsätze der Reformatoren, namentlich
jene über den allein rechtfertigenden Glauben, über die Verwerflichkeit der guten
Werke und der Heiligenverehrung, sowie die Gestaltung, welche sie dem Gottes-
dienst, der ohne eigentlich liturgische Handlung nur noch Gesang und Predigt
(nicht auch Gebet?) war, gegeben haben, daß diese es gewesen sind, welche
die Gotteshäuser auch in Württemberg arm gemacht und so nüchtern als
möglich gehalten haben. Der „Götzentag in Urach" soll Zeuge sein
dafür, daß die Reformation der kirchlichen Kunst in Alt-Württemberg den Hals
gebrochen habe. Der geschichtliche Hergang ist von Archivrat Or. E. Schneider-
urkundlich dargethan in seiner „Württembergischen Reformations-Geschichte"
(1887). Herzog Ulrich von Württemberg war während seines Elendes in
der Schweiz für das Evangelium gewonnen und neigte zur Lehre Zwinglis.
Als er durch den Sieg bei Lausten über das östreichische Heer 1534 wieder seines
Landes Herr geworden war, lag ihm daran, im Innern Ruhe zu schaffen und
nach außen keinen Angriffspunkt zu bieten. „Fromme Priester, Zwinglische und
Lutherische, sollten in ihrem Werte bleiben und die Gemeinden die einfache Wahr-
heit lehren mit Ablehnung der Stücke, die vornehmlich dem Glauben und der Liebe
entgegen." Deswegen berief Ulrich zur Reformation des Landes den Lutheraner-
Schnepf aus Marburg, einen geborenen Heilbronner, und den mehr zwinglisch
gesinnten Blarer von Konstanz. Sie sollten und wollten sich vergleichen in der
Lehre, kamen aber immer wieder in Widerstreit. Des ersteren Auffassung ent-
sprach es, wenn 1536 befohlen wurde, nur diejenigen Bilder aus den Kirchen
zu entfernen, die man „anbetete," die „unärgerlichen" aber zu dulden. Wie
sehr sich der Aberglaube an Bilder geheftet hatte, beweist der Umstand, daß selbst
die Innsbrucker Regierung sich genötigt sah, an König Ferdinand über den Zu-
lauf zu dem irdenen Bild in der Schloßkapelle zu Ravensburg zu berichten. Da
man in Württemberg über die Abschaffung der Bilder nicht gleich einig wurde,
veranstaltete man im September 1537 eine Besprechung darüber in Urach. Die
Räte erklärten als des Herzogs Meinung, „man solle sich freundlich und christlich
vergleichen." Aber Schnepf erklärte, daß er in dieser Sache weder den Herzog
noch die Räte als Richter anerkenne und alle, außer dem mitanwesenden Lutheraner-
Brenz, für parteiisch halte. So kam es noch zu keiner Entscheidung auf dein
Uracher „Götzentag." Für den Herzog in der großen Geldnot, die ihm von
seiner Verbannung und von der Wiedereroberuug seines Landes u. s. w. erwachsen
war, mußten die für den neuen Gottesdienst nicht nötigen kostbaren Schmucksachen
der alten Kirche immer verlockend sein. Der Vogt in Herrenberg ließ laut Rech-
nung von 1537—38, doch Wohl im Sinn und auf Weisung seines Herzogs,
einen Goldschmied aus Tübingen kommen, der das, freilich wenig ausgiebige,
Gold von den Bildern zu schaben hatte. Im übrigen hatte Ulrichs Absehen
 
Annotationen