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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 31.1889

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Nr. 12 (1. Dezember 1889)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44548#0187
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hohem Untersatze groß und ernst, mild und friedlich. Es ist, als ob der Refor-
mator zurückdenke über die nahezu vier Jahrhunderte in die Tage, da er als
Kind in den Gassen des Städtchens spielte, später als Mann in Christo seine
Eltern als Genossen seiner Freude in der Gewißheit der Rechtfertigung des
Sünders „durch den Glauben allein" begrüßen durfte. Jst's aber nicht auch,
als ob er ernsten Sinnes hinausschaue in die Zukunft? bereit, dem Prediger, der
in dieser Kirche eine andere Lehre predigen wollte, zu bezeugen, was er aus der
Gruft, die er einst sich unter seiner Stuttgarter Stiftskanzel ausgebeten hat,
einem Jrrlehrer zurufen wollte: „Du lügst!"
Taufstein und Altar ist durch milde Frauenhände Stuttgarts mit neuen
Decken in der Farbe der Hoffnung geschmückt. Passionsblumengewinde umsäumen
dieselben zur Erinnerung daran, daß alle, welche hier getauft werden, in das
Leiden und in den Tod Christi getauft werden sollen und daß die zu diesem
Tische des Herrn gehen, „seinen Tod verkündigen sollen, bis er kommt". Noch
stärker wird dies durch das edle Krenzbild gepredigt, welches auch von dem hoch-
herzigen Stifter des Brenzbildes auf den niedern Altaraufsatz gestellt worden ist.
Und mit einstimmen wollen in den Ruhm der „gekreuzigten Liebe" die beiden
Bilder, welche rechts und links an die Wände des Altarraums gemalt sind. Hier
das „Lamm Gottes unschuldig", ruhend auf dem Buche des Lebens mit den sieben
Siegeln, dort der sagenhaste Vogel Pelikan, der mit dem Herzblut aus seiner
geöffneten Brust seine Jungen nährt, ein altes Sinnbild dessen, der da spricht:
„Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben."
„Vom Kreuz zum Throne" fliegt der Blick des Glaubens in Andacht empor,
vorüber an dem in lichten Tönen mit Blatt und Frucht des Weinstocks bemalten
dreiteiligen Chorfenster, das den Tischgenossen des Herrn vor Augen hält, daß
der Stifter des heiligen Abendmahls „vom Gewächs des Weinstocks neu trinken
wird mit denen, welche an ihm, dem Weinstock, bleiben und Frucht bringen, in
seines Vaters Reich."
Zum Throne des Vaters erhöht, neigt im obern Gemälde des Spitzbogen-
fensters der „Herr der Herrlichkeit" gnädig Blick und Arme zu seiner Gemeinde
hernieder aus den durch das sternbesäte Tonnengewölbe des Chors versinnbildlichten
Himmelshöhen. Endlich wollen auch die hoch oben an den Wänden gemalten
Blumengebilde wecken und stärken helfen die Hoffnung des Glaubens: „Freude
die Fülle und selige Stille darf ich erwarten im himmlischen Garten; dahin sind
meine Gedanken gericht't!"

Zum Denkmal Kaiser Wilhelms I. in Berlin.
i.
Wenn auch durch die Tageszeitungen ausführlich über die Preisbewerbung
für das Denkmal Kaiser Wilhelms I. berichtet worden ist und die Besprechung
- der stattgefundenen, mehr als überraschenden Preisverteilung noch lange in ihnen
fortgeführt werden wird, so glaubt das Christliche Kunstblatt doch auch dieser
für unsere Künstler hochwichtigen Aufgabe gedenken zu sollen.
Nicht überall ist genügend bekannt und betont worden, daß der eigentliche
 
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