Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
160

die Naivität dieser Darstellung in keiner Weise störend wirkt. Es macht einen wohl-
thuend kindlich frommen Eindruck, wie dieses ganze Städtchen mit allem Leid
und allen Sorgen, die unter seinen Dächern wohnen mögen, unter die aus-
gebreiteten Arme dessen gestellt ist, der sür uns gelitten hat. Durch den Gegensatz
der Landschaft und der Kreuzdarstellung wird ebenso einfach wie bei den alten
Meistern der monumentale Eindruck erzielt, der eben darauf beruht, daß die
Figureukomposition in anderem Lichte als der umgebende Raum erscheint und
eben dadurch als eine Welt sür sich von der umgebenden Welt sich abhebt. Den
vom Kreuz genommenen Herrn zeigt im Schoß seiner Mutter Hans Rößners
(Nürnberg) überlebensgroße Broncegruppe. So edel und ausdrucksvoll die Gruppe
ist, so vermissen wir doch das Gefühl heiliger Stille im Ganzen und die Ruhe
des Todes in den Gliedern, insbesondere den Füßen des Leibes Christi, die die
eigentliche Aufgabe dieses Gegenstandes bilden. Filippo Cisariellos (Nom)
Christus und Magdalena wirkt besonders bei der künstlich arrangierten Aufstellung
kraß naturalistisch, wobei aber die große technische Tüchtigkeit der italienischen
Plastik deutlich zu Tage tritt. Eine sonderbare Leistung ist Wilhelm Trüb-
ners (München) Kreuzigung. Mit wilder dramatischer Aktion, aber ohne Weihe,
ja auch ohne wahres Pathos und innere Energie ist die Wirkung des Ein-
tritts der Sonnenfinsternis auf das Volk, die Kriegsknechte und ihre Pferde (!),
sowie die Auferstehung vieler Leiber der Heiligen aus ihren Gräbern (Matth. 28,52)
geschildert; es muß dahin gestellt bleiben, welcher Sinn und Geist die Hand des
Künstlers bei dieser Darstellung regiert hat. Ein Sensationsstück, das durch
Vervielfältigungen unterdessen schon in weiteren Kreisen bekannt geworden ist, ist
Kunz Meyers (München) Judas Jschariot. Wir kommen später auf das
Bild zurück. (Fortsetzung folgt.)

Chronik.
Im Königreich Sachsen ist durch das K. Ministerium des Juueru mit Geuehmiguug des
Königs eine Kommission zur Erhaltung der Kunstdeukmäler im Königreich Sachsen
gebildet worden. Sie besteht aus einem Ministerialrat als Vorsitzenden, zwei Mitgliedern des
evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums, dem mit der Inventarisation der sächsischen Kunst-
denkmäler betrauten Sachverständigen und einem vom sächsischen Altertumsvereiu zu erwähleudeu
Mitglied. Sie beginnt ihre Thäligkeit am 1. Oktober dieses Jahres.
Geheimer Regierungsrat Prof. Hase in Hannover, der berühmte Baumeister und Gründer
der „Hannoverschen Schule" im Kircheubau, Mitverfasser des „Eisenacher Regulativs," der
am 2. Oktober sein 76. Lebensjahr vollendet, hat mit diesem Sommersemester Abschied von
seiner Lehrtätigkeit genommen. Das „christliche Kunstblatt" schließt sich all den vielen an,
die in diesen Tagen dem Altmeister von Herzen kommenden Dank und Glückwunsch darbringen.
Inhalt: Der erste Kongreß sür christliche Archäologie. Von vr. Eugen Gradmann. — Die
Glasgcmälde in der Barfnßerkirche zu Augsburg. Mit Abbildung. Von I. M. —
Von der großen Berliner Kunstausstellung. — Die Münchener Kunstausstellung
von 1894. Von I. M. — Chronik.
Verantwortliche Redaktion: Oberkonsistorialrat vr. Johs. Mer; in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Steinkopf in Stuttgart.
 
Annotationen